75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Donnerstag, 21. November 2024, Nr. 272
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 02.08.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Sanktionen im Schweigeverfahren

In einer Blitzreaktion auf Berichte über ein brutales Vorgehen der Armee gegen die Bevölkerung Syriens hat die Europäische Union die Sanktionen gegen Verantwortliche des arabischen Landes ausgeweitet. Das Vermögen fünf weiterer syrischer Regierungsvertreter werde eingefroren, erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Montag in Brüssel. Zudem würden ihnen Reisebeschränkungen auferlegt. Die Namen der betroffenen Personen sollen am heutigen Dienstag bekanntgegeben werden. Damit hat sich die Zahl der syrischen Regierungsvertreter, gegen die die EU Sanktionen verhängt hat, auf 35 erhöht. Der Europäische Rat verabschiedete die neuen Maßnahmen im sogenannten Schweigeverfahren. Bei diesem schriftlichen Verfahren gelten Maßnahmen als angenommen, wenn keiner der Mitgliedsstaaten innerhalb der gesetzten Frist Einspruch gegen sie einlegt.

Sie habe die Gewaltakte am Sonntag auf das Schärfste verurteilt, sagte Ashton. Sie wolle die syrischen Behörden daran erinnern, daß es ihre Aufgabe sei, die Zivilbevölkerung zu schützen. Die EU-Außenminister hätten bereits Mitte Juli erklärt, auf die inakzeptable Gewalt gegen Zivilisten auch mit Sanktionen zu reagieren. Da die Massenverhaftungen, Gewalt gegen und Tötung von Zivilpersonen weitergingen, komme die EU nicht umhin, ihre angekündigte Politik gegen Syrien fortzusetzen, erklärte Ashton.

In einer am Sonntag veröffentlichten Stellungnahme bekundete die EU-Chefdiplomatin ihre Bestürzung ob der Berichte über ein gewaltsames Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte gegen Demonstrierende zu Beginn des Fastenmonats Ramadan. Sie sei schockiert, daß wieder zahlreiche Zivilisten in einem komplett ungerechtfertigten Angriff der Sicherheitskräfte in der syrischen Stadt Hama getötet worden seien. »Dieser Angriff und das anhaltende Vorgehen auch in anderen syrischen Städten ist angesichts des beginnenden heiligen Monats Ramadan inakzeptabler als ohnehin. Es ist die Pflicht der syrischen Armee und Sicherheitskräfte, die Zivilbevölkerung zu schützen und nicht, sie wahllos zu massakrieren«, so Ashton.

Die Bundesregierung drängt derweil auf eine rasche Verurteilung Syriens im UN-Sicherheitsrat. Eine Sitzung wurde von der deutschen UN-Vertretung in New York noch für Montag beantragt. Allerdings gibt es in dem Gremium eine Reihe ablehnender Stimmen. Vor allem die Veto-Mächte Rußland und China waren bislang gegen eine offizielle Verurteilung Syriens, da sie befürchten, dies könnte wie im Fall Libyen zu einer militärischen Intervention führen. Aber auch Indien, Südafrika und Brasilien stellten sich einer Resolution entgegen.


UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte ein Ende der Militäroffensive gegen Regierungsgegner. Ban verurteile das Vorgehen des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad und sei zutiefst besorgt über Berichte von hunderten Toten und Verletzten in Hama und anderen Städten des Landes, sagte Bans Sprecher am Sonntag.

Das britische Außenministerium erklärte, es bestehe keinerlei Aussicht auf eine internationale Militärintervention in Syrien. Es sollte härtere Sanktionen gegen die Regierung von Präsident Assad geben, doch eine Militäraktion sei nicht im entferntesten möglich, sagte Außenminister William Hague am Montag in der BBC. Sanktionen dürften zudem nicht nur von westlichen Staaten kommen, auch arabische Länder und Regionalmächte wie die Türkei müßten sich daran beteiligen.

Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sieht die Voraussetzungen für einen militärischen Einsatz in Syrien derzeit nicht gegeben. Für die Bombardierungen in Libyen habe die NATO ein klares UN-Mandant, behauptete Rasmussen, der zur Zeit in Südfrankreich Urlaub macht, in der Zeitung Midi Libre (Montagsausgabe). Außerdem unterstützten die Länder der Region den Einsatz. »Diese beiden Bedingungen sind in Syrien nicht erfüllt.«

(AFP/dapd/jW)

Ähnliche:

Regio:

Mehr aus: Schwerpunkt