Aus: Ausgabe vom 01.10.2011, Seite 16 / Aktion
Prima Lima-Pluralismus
Von Dietmar KoschmiederÄhnlich witzlos sind Aufrufe, die junge Welt abzubestellen. Wer auf Analysen, Berichte und Standpunkte dieser Zeitung verzichten kann, abonniert sie erst gar nicht. Die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau hat schon vor Jahren durch eigenes Beispiel dazu aufgerufen, die junge Welt zu kündigen und besser die taz zu bestellen. Auch hier ist die Entscheidung einfach: Wer die konsequente Friedensposition der jW nicht schätzt und statt dessen in der Analyse von Jugoslawien-Krieg bis Libyen-Konflikt eine kriegstreiberische Haltung bevorzugt, ist bei der taz tatsächlich besser aufgehoben.
Übriggeblieben von der Aufregung um die jW-Titelseite zum 13. August ist damit die angebliche Aufkündigung der Medienpartnerschaft durch die Linke Medienakademie Lima. Am 17. August läßt diese via Internet verlauten: »Am Samstag, 20. August 2011, beginnt die Kampagne für die Medienkonferenzen Lima regional (...) Anzeigen werden in taz.die tageszeitung sowie in Neues Deutschland zu finden sein. Die Medienpartnerschaft mit der jungen Welt wird nicht fortgesetzt. Dazu sagte Christoph Nitz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Lima e.V., heute: ›Wir verurteilen die zynische und menschenverachtende Titelseite der Tageszeitung junge Welt vom 13. August 2011. Sie ist die derzeit letzte Eskalation auf einem Weg dieser Tageszeitung in ein Spektrum, das mit unserer gemeinnützigen Bildungsarbeit nichts zu tun hat (...) links-alternative pluralistische Bildungsarbeit im Bereich Medien hat nichts, aber auch gar nichts zu tun mit der Verhöhnung von Mauertoten (…)‹«
Am 15. August, also zwei Tage nach Veröffentlichung der »menschenverachtenden Titelseite«, wollte Christoph Nitz bei der jungen Welt 20 Anzeigen buchen, mit denen die oben genannten Regionalkonferenzen der Lima beworben werden sollten. jW-Verlagsleiter Andreas Hüllinghorst antwortete umgehend und erinnerte daran, daß sich die junge Welt bereits am 16. Juni von der Lima zurückgezogen habe. Zum einen wegen der Ungleichbehandlung der Medienpartner, zum anderen aus inhaltlichen Gründen: »Das neue Konzept ist zu sehr auf Rot-Rot-Grün ausgerichtet. Eine solche Entwicklung kritisieren wir in unserer Zeitung regelmäßig, weil zunehmend linke Positionen aufgegeben werden«, schrieb Hüllinghorst. Eine direkte Antwort erhielt der jW-Verlagsleiter nicht. Dafür ließ Nitz dann am 17. August verkünden, daß die Medienpartnerschaft mit der jungen Welt nicht fortgesetzt würde. Pluralistischer kann Bildungsarbeit nicht sein.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
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vom 01.10.2011