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Aus: Ausgabe vom 01.12.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Die Linke muß klar Position gegen den Krieg beziehen

junge Welt dokumentiert auszugsweise die Stellungnahme »One-Way-Ticket to Teheran« des Bundesarbeitskreises Antimilitarismus und Frieden (BAK AuF) von Linksjugend [’solid] und Die Linke.SDS:

Einige Tage blieb es in den Medien ruhig um den Iran, nachdem Israels Regierung zum wiederholten Male mit Militärschlägen drohte und Barack Obama verkündete, daß er keine Option in seiner Iran-Politik ausschließe, weil es angeblich laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) neue Hinweise auf ein iranisches Atomprogramm nach 2003 gebe. Es war nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm. Hinter den Kulissen ging die (neo)imperialistische Politik gegen den Iran unvermindert weiter. Es folgten das erste Ultimatum an den Iran und eine weitere Sanktionsrunde. Die Zeichen stehen mittlerweile auf Krieg.

(…) die neuen Sanktionen sind die härtesten in der Geschichte. Die USA, Kanada und Großbritannien haben am 22. November 2011 bereits einseitig neue Restriktionen gegen den Iran beschlossen. Vertreter der EU kündigten unterdessen ebenfalls nächste Schritte an, und auch die USA wollen noch mal nachlegen. Eine Ausweitung der bestehenden UN-Sanktion scheitert im Moment nur am Widerstand Chinas und Rußlands. Der derzeitige IAEA-Chef Amano forderte zusätzlich zu den laufenden Kontrollen Inspektoren, die den Iran durchkämmen. Eine neue Resolution des Leitungsgremiums der IAEA wurde am 18.11.2011 mit den Stimmen aller ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder und großer Mehrheit verabschiedet. Das erste Ultimatum wurde dem Iran gesetzt: Bis Ende März 2012 müsse der Iran für Klarheit in den strittigen Punkten sorgen. Die im bürgerlichen Recht verankerte Unschuldsvermutung wird damit im Handstreich umgekehrt. (…)

All dies erinnert zunehmend an die Vorbereitung des Irak-Kriegs. Auf Sanktionsrunden, die vor allem die (ökonomische, politische und moralische) Kriegsfähigkeit des potentiellen Gegners schwächten, folgten Inspektoren, die nichts bei ihrer Suche fanden. Zweifelhafte und zunehmend drohende UN-Resolutionen flankierten die Propagandaoffensive. Ultimaten wurden verkündet und verstrichen. (…) Unterdessen werden militärische Vorbereitungen getroffen. Die US-Soldaten, die aus dem Irak abgezogen worden sind, hat das Pentagon (…) beispielsweise in Kuwait stationiert. Neue US-Truppen sind in die Region entsandt worden. Gleichzeitig sind rund um den Iran neue US-Militärstützpunkte entstanden. (…)


Ein militärisches Atomprogramm, an dessen Ende eventuell eine iranische Atombombe stehen könnte, ist nicht per se eine Bedrohung für die NATO, auch nicht ihre illegale Entwicklung. Die Politik der Doppelstandards ist hinlänglich bekannt: Indien, Pakistan, Israel – sie alle sitzen auf der Bombe, obwohl sie sie eigentlich niemals hätten produzieren dürfen, ohne daß sie dafür irgendeine Strafe erwarten müßten. Die NATO selbst betont, daß sie an Atomwaffen und deren Einsatz festhalten will. (…) Wir lehnen es generell ab, Atombomben zu entwickeln und zu besitzen und sehen die derzeitigen Atommächte zuvorderst in der Pflicht, ihre Atomwaffen umgehend unschädlich zu machen, da von jeder einzelnen eine große Gefahr für die Menschheit ausgeht, egal, welcher Staat sie kontrolliert. (…)

Der herrschenden Klasse des Westens geht es in diesem Konflikt (…) nicht darum, daß der Bau von Atombomben grundsätzlich verhindert werden und eine Welt ohne Atomwaffen geschaffen werden soll. Der potentielle Bau einer iranischen Atombombe wird nur deshalb von dem Friedensnobelpreisträger Obama und seinen europäischen Verbündeten als eine Gefahr dargestellt, weil ihn mutmaßlich ein Staat anstrebt, der sich ihrem Einfluß entzieht und den sie als Problem für ihre ökonomischen, geostrategischen und machtpolitischen Interessen und für die Interessen ihrer Verbündeten einstufen. (…) Der Iran verfügt nicht nur über Unmengen Öl und Erdgas, die sowohl für die Diversifikation der Energiezufuhr der EU als auch für die – vorrangig US-amerikanische – Kontrolle des globalen Zugangs zu den Schmiermitteln der Weltwirtschaft und ihrer Preise von zentraler Bedeutung sind. (…) Der Iran ist zudem das letzte Hindernis für eine geostrategische Kontrolle des Nahen Ostens und wohl der – wenn auch reaktionäre – machtpolitisch stärkste Opponent des westlichen (Neo)Imperialismus, der militärisch noch schlagbar wäre. Eine mögliche Atombombe des Iran wäre daher auch ein doppeltes Problem für Washington, London, Berlin usw., weil – so das unausgesprochene Gesetz – man einen Staat, der über die Bombe verfügt, nicht militärisch angreifen und dementsprechend politisch nicht einschüchtern kann. (…)

Der israelische Premierminister Netanjahu drohte in den vergangenen Wochen nicht zum ersten Mal mit einseitigen Militärschlägen gegen den Iran. Jüngst schloß allerdings US-Präsident Obama auch »keine Option« mehr aus. (…) Diejenigen, die sich in der Bundesrepublik an der Vorbereitung von militärischen Operationen materiell oder ideologisch beteiligen, z.B. indem sie das iranische Regime dämonisieren, delegitimieren, doppelte Standards an die iranische Regierung anlegen oder schlicht eine militärische Operation gutheißen, tragen Mitverantwortung für die Opfer und die Leiden, die ein solches Vorgehen nach sich zieht. (…) Sollte es zu einem Krieg kommen, steht nicht nur die politische Zukunft und Bedeutung der Friedens- und Antikriegsbewegung auf dem Spiel. Auch Die Linke muß in diesem Einzelfall klar Position gegen den Krieg beziehen – sonst ist sie als emanzipatorisches Projekt obsolet.

Vollständiger Wortlaut: www.­steinbergrecherche.com

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