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Einigung über Altersteilzeit

Tarifkonflikt in der Metallindustrie vom Tisch
Von AP/jW

In der südwestdeutschen Metallindustrie ist mit der Einigung über eine Altersteilzeit ein Arbeitskampf abgewendet worden. Nach viertägigem Verhandlungsmarathon stimmten Arbeitgeber und IG Metall in der Nacht zum Sonntag in Donaueschingen einstimmig einem unter Vermittlung von Schlichter Dieter Spöri ausgehandelten Kompromiß zu. Die rund 550 000 Metaller im Südwesten können danach ab November mit 55 Jahren bzw. 60 Jahren mit 18 Prozent Nettolohn-Einbuße in die Altersteilzeit gehen. Der für Nordwürttemberg/Nordbaden geltende Vertrag hat Pilotfunktion für die gesamte Metallbranche.

IG Metall und Unternehmer einigten sich darauf, die Regelung ab 55 Jahre als freiwillige Betriebsvereinbarung einzuführen. Ist aber keine Einigung möglich, haben die Beschäftigten ab 60 Jahren einen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit. Während der gesamten Zeit wird 82 Prozent des letzten monatlichen Nettolohns gezahlt. Die IG Metall hatte 85 Prozent verlangt. Gleichzeitig schrieben die Tarifparteien die 35-Stunden-Woche bis zum 31. Dezember 2000 fest. Sie beschlossen, noch in diesem Jahr Gespräche über eine Reform des Flächentarifvertrags aufzunehmen. Wegen der erwarteten langwierigen Beratungen wurde der Manteltarif, in dem die Arbeitszeit und der Kündigungsschutz für Ältere geregelt sind, um zwei Jahre verlängert. Eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 32 Wochenstunden, wie sie IG-Metall-Chef Klaus Zwickel forderte, ist bis dahin vom Tisch.

Heftig umstritten war in Donaueschingen bis zuletzt vor allem der von der IG Metall geforderte Rechtsanspruch auf Alters-Teilzeit. Die Arbeitgeber beharrten dagegen auf einer freiwilligen Regelung. Zur Finanzierung des Anspruchs müssen nun die Beschäftigten einen Eigenbeitrag von 2,5 Bruttomonatsgehältern leisten, entweder durch Geld oder durch die Ansparung von Zeitguthaben. Der Schlichterspruch sieht weiter vor, daß die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung auf der Basis von 95 Prozent des Bruttoentgeltes entrichtet werden. Im Gesetz sowie in der Alters-Teilzeitregelung der Chemiebranche sind nur 90 Prozent vorgesehen.

Endet die Altersteilzeit auf Wunsch des Unternehmers zwischen dem 60. und 63. Lebensjahr des Beschäftigten, erhält er für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von maximal drei Bruttomonatsgehältern. Diese Regelung ist ein Ausgleich für die Rentenabschläge und soll einen Teil der Verluste auffangen, die dem Arbeiter entstehen. Einen ähnlichen Passus enthält auch der Ende Juni beim Autohersteller VW ausgehandelte Vertrag.

IG Metall und Unternehmer sprachen von einem fairen Kompromiß. Die Tarifparteien hätten dem »Wirtschaftsstandort Deutschland« einen Streik erspart und den Flächentarifvertrag gesichert, betonten beide Seiten. IG-Metall-Bezirksleiter Gerhard Zambelli sagte, die Tarifpartner hätten allen Kritikern bewiesen, daß sie auch schwierige Materien im Konsens lösen könnten. Ohne Hilfe des Schlichters wäre dies aber nicht möglich gewesen. Die Große Tarifkommission der IG Metall soll das Regelwerk am kommenden Dienstag endgültig absegnen.