Tote bei neuen Massakern in Algerien
Bei zwei neuen Massakern in Algerien sind insgesamt 30 Menschen getötet worden. Darunter seien elf Lehrerinnen, denen im südwestalgerischen Ain Adden nahe Sfisef vor den Augen ihrer Schüler die Kehlen durchgeschnitten worden seien, berichtete die algerische Zeitung Le Matin am Montag. Ein bewaffnetes Kommando habe die Frauen gefesselt und offenbar entführen wollen, sie jedoch dann enthauptet. In dem Ort Ain El-Hadj in der Nähe von Djelfa im Süden des Landes wurden laut der Zeitung Liberté 19 Bewohner von bewaffneten Angreifern getötet. Die Massaker wurden den Angaben zufolge am Freitag und Samstag verübt. Die Regierung machte islamische Fundamentalisten für die Taten verantwortlich.
Die seit 1992 illegale Islamische Heilsfront (FIS) Algeriens hatte ihren Aufruf zu einer Waffenruhe am Wochenende bekräftigt. Alle dem Islam und der Heimat verbundenen Gruppierungen seien aufgefordert, sich einer Feuerpause anzuschließen, hieß es in einer Erklärung, die offenkundig gegen die mit der FIS rivalisierende Bewaffnete Islamische Gruppe (GIA) gerichtet war. Das Kommunique umfaßte ferner auch Bedingungen für eine spätere Friedensregelung. Eine Waffenruhe würde die Gewaltverbrecher isolieren, die in Algerien Massenmorde und Massaker an unschuldigen Menschen verübten, wurde in dem in Paris verbreiteten Kommunique erklärt. Als Voraussetzungen für einen Frieden wurden dann eine Amnestie für alle algerischen Rebellen, die Entlassung von Gefangenen, finanzielle Unterstützung für Opfer des Konflikts und die Aufhebung des Ausnahmezustandes genannt. Außerdem schlug die FIS eine Konferenz der nationalen Aussöhnung vor, an der neben Regierung und FIS auch alle gesellschaftlichen Kräfte beteiligt sein sollten. Der algerische Präsident Liamine Zeroual hat Gespräche mit radikalen Gruppierungen von einem Gewaltverzicht abhängig gemacht.
Die Veröffentlichung der Erklärung erfolgte drei Tage, nachdem der bewaffnete Flügel der FIS, die Armee des Islamischen Heils (AIS), einen Aufruf zur Niederlegung der Waffen erlassen hatte. Am Freitag hatte die GIA sich zu den Massenmorden der vergangenen Wochen in Algerien bekannt. In einer von der Zeitschrift El Ansar veröffentlichten Verlautbarung hatte die GIA mit weiteren Bluttaten gegen Verantwortliche der Regierung, deren Angehörige und Parteigänger gedroht. Sie alle würden von der GIA als »Ungläubige« angesehen, und Gott würde der GIA »erlauben, ihnen die Köpfe abzuschneiden«. Die Erklärung enthielt auch Drohungen gegen ausländische Regierungen, die wie Frankreich das Regime in Algier unterstützten. Ob die Erklärung, die das Datum 21. September trug und von GIA- Führer Antar Zouabri unterzeichnet war, authentisch war, blieb allerdings offen.
Die unabhängige algerische Zeitung Liberte hatte am Samstag auch berichtet, daß bei einem Gefecht in Tiaret südwestlich von Algier 50 GIA-Kämpfer von Soldaten getötet worden seien. Unter den Opfern sei auch GIA-Führer Zouabri. Angaben über den Zeitpunkt der Kämpfe machte das Blatt allerdings nicht.
(jW/AP/AFP)
Mehr aus: Ausland
-
Apartheid in der muslimisch-kroatischen Föderation
vom 30.09.1997 -
»Perfekte Mission«
vom 30.09.1997 -
EU und Rußland gegen den Rest der Welt
vom 30.09.1997