Aus: Ausgabe vom 24.05.2012, Seite 3 / Schwerpunkt
Dank an Dietmar Bartsch
Reaktionen von Spiegel, Springer und SPD zum Verzicht Oskar Lafontaines, beim Parteitag in Göttingen Anfang Juni erneut für den Linke-Vorsitz zu kandidieren:
Stefan Berg, 1964 in Ostberlin geboren, lebt im Kommentar »Beleidigter Oskar« bei Spiegel online Altmännerphantasien aus: »Was hatte er gebettelt, gebeten zu werden. Oskar Lafontaine wollte noch einmal richtig gewollt sein. Eine umjubelte Rede, ein furioses Ergebnis auf dem Parteitag der Linken, ein Wahlerfolg 2013 und dann die Übergabe an die Lebensgefährtin. Ach ja, und dann ins Geschichtsbuch. So und nicht anders sollte sein letzter großer Auftritt aussehen. Altmännerphantasien halt. Ein politisches Schwergewicht verläßt beleidigt die Politik-Arena. Ein paar Ostdeutsche haben ihn aus der Bahn geworfen, haben sich nicht verneigt und verbeugt. Sie wollten zeigen, daß sie nicht mehr die SED sind. Die Botschaft ist angekommen. Für den politischen Lebensweg Lafontaines ist das durchaus eine kuriose Pointe. Er, der eine schnelle deutsche Wiedervereinigung ablehnte, der 1990 schon ein »Viertes Reich« kommen sah, wird nun von Ossis in sein kleines Saarländchen geschickt, in dem er weiter gegen sein Vergessen rumpeln und pumpeln kann. Die politische Klasse kann sich beim Ost-Linken Dietmar Bartsch bedanken. Er hat einen penetranten Besserwisser vom Feld gestellt. (…)«
Stephanie Bilges gibt beim Springer-Boulevard Bild (Mittwochausgabe) die Traumdeuterin: »Vor gerade mal fünf Jahren wähnte sich Oskar Lafontaine am Ziel seiner Träume: Mit der Gründung einer gesamtdeutschen Linkspartei wollte er die Gesellschaft, ja, das ganze Land verändern. Nun steht fest: Dieser Traum ist ausgeträumt! Wochenlange Personalquerelen, öffentlicher Dauerstreit, Komplettabsturz bei den Landtagswahlen – am Ende hat wohl sogar Lafontaine erkannt, daß es sinnlos ist, sich auf ein sinkendes Schiff zu begeben. Daß er überhaupt für den Vorsitz kandidieren wollte, war schon bitter genug: Ein Mann von gestern, der eine Politik von vorgestern macht – mehr hatte die Linkspartei ganz offenkundig nie zu bieten. Wer sie künftig anführt, spielt im Prinzip gar keine Rolle mehr. Die Linke ist nun wieder das, was sie im Kern immer war: in Westdeutschland eine radikale Splittergruppe, in Ostdeutschland ein Sammelbecken für frustrierte Ewiggestrige. Nicht mehr und nicht weniger.«
Die SPD wiederum macht sich ob der Linke-Personalquerelen Hoffnungen. Seine Partei öffne die Tür für »frustrierte, enttäuschte Mitglieder der Linken«, erklärte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Mittwoch in Berlin. Die Linke sei in einem »unaufhaltsamen Prozeß der Selbstzerstörung«. Gegen Lafontaine trat der Sozialdemokrat nach. Dem Saarländer sei »es nicht gelungen, die SPD zu zerstören. Vielleicht gelingt es ihm jetzt, die Linke zu zerstören.« Das Onlineportal »Lafontaines Linke« merkte an, was Oppermann nicht sagte: »Zu Lafontaines Zeiten hatte die SPD noch Wahlergebnisse von 40 Prozent, seit Oppermann auch was zu sagen hat, müht man sich im 20-Prozent-Bereich.«
(jW)
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