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Spaltet PDS die Erfurter Bewegung?

Debatte über eine Zusammenarbeit mit der PDS bricht erneut los

Zu Beginn des zweitägigen Bundeskongresses anläßlich der Erfurter Erklärung, ist es am gestrigen Freitag erneut zu einer Debatte über eine mögliche Kooperation von SPD und Grünen mit der PDS gekommen. In dem Appell vom Januar dieses Jahres, hatten Wissenschaftler, Theologen, Gewerkschafter und Schriftsteller eine Zusammenarbeit der Linksparteien gefordert, um 1998 einen Machtwechsel in Bonn herbeizuführen. Der SPD-Vizevorsitzende Wolfgang Thierse hielt am Donnerstag dagegen: Die Einladung an die PDS verhindere genau jene Mehrheit, die für einen Bonner Regierungswechsel gebraucht werde. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) äußerte sich distanziert zur Einbindung der PDS. Er hätte mit der Erfurter Erklärung keine Probleme, wenn nur deutlich würde, daß der dringend erforderliche Neuanfang in Deutschland mit PDS- Stimmen in Bonn nicht zu machen sei. Rainer Eppelmann, Vorsitzender der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft, hatte wegen der Einbindung der PDS eine Einladung nach Erfurt abgelehnt. Entscheidender wird wohl gewesen sein, daß seine Partei von der Regierungsbank gestoßen werden soll.

Gregor Gysi, Chef der PDS-Bundestagsgruppe, rief dagegen erneut alle Linksparteien zur Zusammenarbeit auf. Auf einer PDS-Kundgebung in Erfurt sagte er am Donnerstag abend, SPD, Grüne und PDS stünden in einer gemeinsamen Verantwortung, weil gemeinsame Anliegen wie Soziales und Umwelt wichtiger seien als unterschiedliche Auffassungen. Ob sich die SPD eher zu einem Bündnis mit der PDS und den Grünen oder zu einer großen Koalition hingezogen fühlt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Im Alleingang wird sie die Regierung in Bonn wohl kaum übernehmen können.

Mehr als 400 Unterstützer der Erfurter Erklärung wollen an diesem Wochenende auf dem Kongreß in Erfurt über die Rolle der Opposition und ihr weiteres Vorgehen diskutieren. Erwogen wird unter anderem eine Großkundgebung in Bonn 1998. Zynisch zeigte sich die CDU. Die Kritik von Union- Fraktionschef Wolfgang Schäuble (CDU), in der Erfurter Erklärung werde zu einer neuen Volksfront aufgerufen, bezeichnete Wolfgang Thierse als eine »böse und dogmatische Behauptung«.

(jW/AFP/ ddpADN)

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