Österreichs Polizei dehnt Fahndung aus
Von AP/jWNach der Festnahme eines mutmaßlichen Briefbombenattentäters hat sich die österreichische Polizei am Sonntag auf die Fahndung nach Mittätern konzentriert. Wie der Leiter der zuständigen Einsatzgruppe, Robert Sturm, am Sonntag mitteilte, habe sich trotz Hinweisen aus der Bevölkerung noch keine heiße Spur zur Aufklärung der Verbrechen ergeben, die seit vier Jahren vier Menschenleben und elf Verletzte forderten. Der österreichische Innenminister Karl Schlögl hatte am Samstag mitgeteilt, daß gegen den zufällig festgenommenen Mann aus dem Dorf Gralla in der Steiermark Haftbefehl erlassen worden sei.
Dem 48jährigen waren bei der Explosion eines offenbar von ihm gebauten Sprengsatzes beide Hände abgerissen worden. In seiner Wohnung fand die Polizei mehrere Sprengkörper, Bauteile, Konstruktionspläne, 60 Disketten und einen Computer sowie das Typenrad einer Schreibmaschine, dessen Schriftart identisch mit der eines Bekennerschreibens von einem Anschlag im Jahr 1995 ist. Laut Sturm stand der Mann auch am Sonntag noch unter schwerem Schock und verweigerte die Aussage. »Wir sind der Ansicht, daß wir genügend Beweise und Indizien haben, die auf eine direkte Beteiligung am Bombenterror der letzten Jahre schließen lassen«, sagte Schlögl. Der festgenommene Vermessungstechniker sei kein Nachahmungstäter.
Unklar ist laut Schlögl eine Verbindung des Verdächigen zu Anschlägen in Deutschland. In der Redaktion des TV- Senders Pro 7 in München war während der dritten Briefbombenserie am 9. Juni 1995 eine an die Moderatorin Arabella Kiesbauer adressierte Briefbombe explodiert und hatte eine Angestellte verletzt. Am 14. Juni 1995 detonierte eine an den damaligen stellvertretenden Lübecker Bürgermeister adressierte Briefbombe und verletzte den Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Lübecker Rathaus, Thomas Rother. Schlögl sagte nur, der Festgenommene sei in den 70er Jahren in der Bundesrepublik gewesen. Der Vermessungstechniker bereitete offenbar weitere Anschläge vor. Im Computer fand sich der Entwurf eines Bekennerschreibens. An einer in einem Blumentopf verborgenen Sprengfalle hieß es auf einem Zettel: »BBA - Wir wehren uns - Friedrich der Streitbare«.
Zu den Anschlägen hatte sich die »Bajuwarische Befreiungsarmee« bekannt. Insgesamt wurden in der Wohnung 1,7 Kilo Nitrozellulose sowie 80 Gramm Nitroglycerin gefunden. Der Sprengstoff sei in der Reinheit sehr ähnlich jenem, der auch bei den Bombenanschlägen verwendet wurde, erklärte Schlögl.
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