Aus: Ausgabe vom 02.11.2012, Seite 3 / Schwerpunkt
Hintergrund: Putsch in Mali
Am 21. März 2012 wird Amadou Toumani Touré, der demokratisch gewählte Präsident Malis, durch einen Staatsstreich aus dem Amt entfernt. Begründung der Putschisten: Touré sei unfähig, einen effektiven Kampf gegen die Separatisten im Norden zu führen. In der Folge des Umsturzes kommt es jedoch nicht zu einer Gegenoffensive der Armee im Norden. Vielmehr bricht sie dort endgültig zusammen.
Der Anführer der Putschisten, Amadou Haya Sanogo, ist als Hauptmann ein Offizier des Mittelbaus. Er nahm an Ausbildungsmaßnahmen in den USA in den Jahren 2005, 2007, 2008 und 2010 teil. Die erste Reaktion auf den Putsch durch USA, EU und Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) war dessen ungeachtet feindselig. Alle forderten sie die Herstellung der verfassungsgemäßen Ordnung. Washington kürzte seine Hilfen um die Hälfte. EU, Bundesregierung und Weltbank stellten die Kooperation mit Mali ein – bis zum Putsch war das Land ein Darling der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. ECOWAS und Afrikanische Union setzten nun die Mitgliedschaft Malis aus.
Unmittelbar nach dem Putsch wurde in den internationalen Medien auch über ethnische Spannungen informiert. Voice of America berichtete von Übergriffen gegen Tuareg überall im Land. Think-Africa-Press meldete, die neue Junta begänne, irreguläre Milizen verschiedener Ethnien, insbesondere der Songhai, auszurüsten, um die Tuareg zu bekämpfen.
Mit dem Scheitern der neuen Junta bei der militärischen Rückeroberung des Nordens setzten neue Überlegungen ein. Kurze Zeit nach dem Putsch in Bamako kommt es zu einem Ausgleich zwischen der ECOWAS und den Putschisten. Der jetzige Präsident Dioncounda Traoré wird von den Putschisten im Einvernehmen mit der ECOWAS eingesetzt. Im Gegenzug wurde dem Anführer des Staatsstreichs, Sanogo, der Status eines »ehemaligen Staatsoberhauptes« gewährt, mit all den damit verbundenen Privilegien. Traoré hat keinerlei Machtbasis außerhalb der ECOWAS und des von den Putschisten beherrschten Militärs. Auf Grundlage des Deals zwischen beiden darf Traoré nun ein Jahr lang weiter Präsident sein. Als er Ende Juli die Bildung der »Regierung der nationalen Einheit« forderte, ging dies zugleich mit der Entmachtung des bisherigen Ministerpräsidenten Cheik Modibo Diarra einher.
Die Illegitimität der jetzigen Regierung in Bamako scheint weder SPD und Grüne noch Union und FDP zu kümmern, wenn es um die neue Militärmission geht. Der Beschluß der UNO und der EU zu einer militärischen Intervention zur Unterstützung der ECOWAS und der malischen Regierung legitimiert die Ergebnisse des Staatsstreiches. Sie festigt die Position der putschistischen Militärs und läßt keine Raum für eine Demokratie in Mali.
(cb)
Der Anführer der Putschisten, Amadou Haya Sanogo, ist als Hauptmann ein Offizier des Mittelbaus. Er nahm an Ausbildungsmaßnahmen in den USA in den Jahren 2005, 2007, 2008 und 2010 teil. Die erste Reaktion auf den Putsch durch USA, EU und Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) war dessen ungeachtet feindselig. Alle forderten sie die Herstellung der verfassungsgemäßen Ordnung. Washington kürzte seine Hilfen um die Hälfte. EU, Bundesregierung und Weltbank stellten die Kooperation mit Mali ein – bis zum Putsch war das Land ein Darling der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. ECOWAS und Afrikanische Union setzten nun die Mitgliedschaft Malis aus.
Unmittelbar nach dem Putsch wurde in den internationalen Medien auch über ethnische Spannungen informiert. Voice of America berichtete von Übergriffen gegen Tuareg überall im Land. Think-Africa-Press meldete, die neue Junta begänne, irreguläre Milizen verschiedener Ethnien, insbesondere der Songhai, auszurüsten, um die Tuareg zu bekämpfen.
Mit dem Scheitern der neuen Junta bei der militärischen Rückeroberung des Nordens setzten neue Überlegungen ein. Kurze Zeit nach dem Putsch in Bamako kommt es zu einem Ausgleich zwischen der ECOWAS und den Putschisten. Der jetzige Präsident Dioncounda Traoré wird von den Putschisten im Einvernehmen mit der ECOWAS eingesetzt. Im Gegenzug wurde dem Anführer des Staatsstreichs, Sanogo, der Status eines »ehemaligen Staatsoberhauptes« gewährt, mit all den damit verbundenen Privilegien. Traoré hat keinerlei Machtbasis außerhalb der ECOWAS und des von den Putschisten beherrschten Militärs. Auf Grundlage des Deals zwischen beiden darf Traoré nun ein Jahr lang weiter Präsident sein. Als er Ende Juli die Bildung der »Regierung der nationalen Einheit« forderte, ging dies zugleich mit der Entmachtung des bisherigen Ministerpräsidenten Cheik Modibo Diarra einher.
Die Illegitimität der jetzigen Regierung in Bamako scheint weder SPD und Grüne noch Union und FDP zu kümmern, wenn es um die neue Militärmission geht. Der Beschluß der UNO und der EU zu einer militärischen Intervention zur Unterstützung der ECOWAS und der malischen Regierung legitimiert die Ergebnisse des Staatsstreiches. Sie festigt die Position der putschistischen Militärs und läßt keine Raum für eine Demokratie in Mali.
(cb)
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