Konsumrausch bleibt aus
Die seit fünf Jahren andauernde Konsumflaute in der Bundesrepublik hat schwerwiegende Folgen für den Einzelhandel. In diesem Jahr würden rund 30 000 Arbeitsplätze abgebaut, 3 200 Betriebe müßten voraussichtlich schließen, teilte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) am Donnerstag in Bonn mit. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) befürchtet sogar den Verlust von 35 000 Vollzeitarbeitsplätzen. Trotz der Ausweitung der Ladenöffnungszeiten vor einem Jahr seien die Kunden ausgeblieben, sagte HDE-Präsident Hermann Franzen. Die erweiterten Öffnungszeiten führten einer HDE-Umfrage zufolge weder zu nennenswerten Umsatzsteigerungen noch zu mehr Beschäftigung. Franzen betonte, die vom Bundeswirtschaftsministerium erwartete Konsumbelebung durch die längere Öffnung sei nicht eingetreten. Lediglich 14 Prozent aller Unternehmen mit Abendverkauf machten bessere Geschäfte. Selbst bei den Warenhäusern, die die neuen Bestimmungen am häufigsten ausnutzten, seien die Effekte »verschwindend gering«.
Lediglich sechs Prozent der Unternehmen stellten mehr Personal ein, bei den Warenhäusern waren es immerhin 16 Prozent, erklärte Franzen, wies aber den Vorwurf zurück, die Personalaufstockung habe ausschließlich zu mehr 610- Mark-Jobs (im Osten 520 Mark) geführt. Von den neuen Arbeitskräften seien vielmehr 17 Prozent in Voll- und 34 Prozent in Teilzeit beschäftigt.
Die HBV faßte ihre Bilanz in dem Satz zusammen: »Trotz längerer Öffnungszeiten weniger Umsatz, statt mehr Beschäftigung weiter starker Personalabbau«. Die große Mehrheit der Betriebe habe trotz Abendeinkaufs die Belegschaften weiter reduziert. Gleichzeitig sei der Trend verstärkt worden, Vollzeitarbeitsplätze durch ungeschützte 610/520-Mark-Jobs zu ersetzen. Derzeit gebe es schon mehr als 600 000 solcher Billigjobs im Einzelhandel.
(jW/AFP)
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