Aus: Ausgabe vom 18.03.2014, Seite 12 / Feuilleton
Antisemitismus in Friedenau
Aus den »Judenwohnungen« in der Stierstraße in Berlin-Friedenau wurden 1941/42 von den Nazis Hunderte Juden in Ghettos und in Vernichtungslager deportiert. Damit alles seine Ordnung hatte, mußten sie all ihre Habe in einer Vermögenserklärung deklarieren. Ein oder zwei Tage vor dem Abtransport wurde ihnen vom Gerichtsvollzieher die Enteignungsurkunde zugunsten des Deutschen Reiches zugestellt, die sie quittieren mußten. Sie waren nun »frei«.
Die Initiativgruppe Stierstraße hat in den vergangenen Jahren Nachforschungen über die Juden aus der Stierstraße angestellt und vor ihren Häusern »Stolpersteine« verlegen lassen. Inzwischen sind es 54. Morgen sollen drei weitere hinzukommen. Mit den Stolpersteinen wird vielen unbekannten Naziopfern in ganz Europa ihr Name zurückgegeben, denn sie haben kein Grab. Im jüdischen Glauben ist der Name jedes Verstorbenen sehr wichtig. Ihre Namen zu dokumentieren ist eine humanitäre Tat. Und es klagt die Täter an.
Das begreifen auch die Neofaschisten. Am 28. und 29. März 2013 beschmutzten und beschädigten sie in Friedenau mehr als 100 Stolpersteine. Die Wohnungstür des Mitglieds der Initiativgruppe, Petra Fritsche, beschmierten sie mit der Inschrift: »Vorsicht! Juden-Freundin!« (jW berichtete am 23.10.13). In der Öffentlichkeit regten sich Empörung und Solidarität. Die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler (SPD), Schulkinder und Erwachsene schrubbten die Stolpersteine wieder sauber. Der Staatsschutz ermittelte. Täter wurden nicht gefunden.
Die Friedenauer Aktivisten klebten in den letzten Tagen in ihrem Stadtteil Hunderte Einladungen zur Verlegung der Stolpersteine am 19. März an die Haustüren. Am Sonnabend fand Petra Fritsche in ihrem Briefkasten abgerissene Zettel und die Ankündigung: »Gestern geklebt – heute schon wieder abgerissen: Innerhalb von vierundzwanzig Stunden haben wir vom Anti-Stolpersteinprojekt erneut die Friedenauer Straßen von Eurer abscheulichen zionistischen Gutmenschen-Propaganda befreit. Auch in Zukunft bleiben wir wachsam und werden unsere Aktionen gegen Euch ausweiten! Schluß mit dem Schuldkult – Friedenau stolpersteinfrei machen!« Stolpersteinfrei heißt judenfrei. Petra Fritsche hat keine Angst.
Sigurd Schulze
Die Initiativgruppe Stierstraße hat in den vergangenen Jahren Nachforschungen über die Juden aus der Stierstraße angestellt und vor ihren Häusern »Stolpersteine« verlegen lassen. Inzwischen sind es 54. Morgen sollen drei weitere hinzukommen. Mit den Stolpersteinen wird vielen unbekannten Naziopfern in ganz Europa ihr Name zurückgegeben, denn sie haben kein Grab. Im jüdischen Glauben ist der Name jedes Verstorbenen sehr wichtig. Ihre Namen zu dokumentieren ist eine humanitäre Tat. Und es klagt die Täter an.
Das begreifen auch die Neofaschisten. Am 28. und 29. März 2013 beschmutzten und beschädigten sie in Friedenau mehr als 100 Stolpersteine. Die Wohnungstür des Mitglieds der Initiativgruppe, Petra Fritsche, beschmierten sie mit der Inschrift: »Vorsicht! Juden-Freundin!« (jW berichtete am 23.10.13). In der Öffentlichkeit regten sich Empörung und Solidarität. Die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler (SPD), Schulkinder und Erwachsene schrubbten die Stolpersteine wieder sauber. Der Staatsschutz ermittelte. Täter wurden nicht gefunden.
Die Friedenauer Aktivisten klebten in den letzten Tagen in ihrem Stadtteil Hunderte Einladungen zur Verlegung der Stolpersteine am 19. März an die Haustüren. Am Sonnabend fand Petra Fritsche in ihrem Briefkasten abgerissene Zettel und die Ankündigung: »Gestern geklebt – heute schon wieder abgerissen: Innerhalb von vierundzwanzig Stunden haben wir vom Anti-Stolpersteinprojekt erneut die Friedenauer Straßen von Eurer abscheulichen zionistischen Gutmenschen-Propaganda befreit. Auch in Zukunft bleiben wir wachsam und werden unsere Aktionen gegen Euch ausweiten! Schluß mit dem Schuldkult – Friedenau stolpersteinfrei machen!« Stolpersteinfrei heißt judenfrei. Petra Fritsche hat keine Angst.
Sigurd Schulze
Verlegung der Stolpersteine am Mittwoch, 17 Uhr, Stierstraße 19, Berlin-Friedenau
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