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Aus: Ausgabe vom 26.05.2014, Seite 15 / Politisches Buch

Neu erschienen: Manifest gegen Kriege

Vor 15 Jahren, am 30. Mai 1999, griffen NATO-Bomber die Brücke über die Morava in Varvarin an. Zehn Zivilisten wurden damals getötet, viele weitere verletzt. Die Attacke war ein Kriegsverbrechen in einem ohnehin völkerrechtswidrigen Krieg, militärische Einrichtungen der jugoslawischen Armee waren weit entfernt.Den Großteil der Opfer forderte die zweite Angriffswelle auf die bereits zerstörte Brücke, als Helfer versuchten, die Toten und Verletzten zu bergen. »Der Sieg über das Böse hat immer einen Preis«, kommentierte NATO-Sprecher Jamie Shea später die »Kollateralschäden« . Maschinen der Bundeswehr sollen an dem Angriff nicht direkt beteiligt gewesen sein, sie befanden sich im Rahmen der Luftaufklärung aber im Einsatz – Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und sein Außenminister Joseph Fischer (Grüne) hatten möglich gemacht, daß Deutschland zu den kriegführenden Ländern gehörte.

Die NATO zerstörte gezielt die Infrastruktur Jugoslawiens, Brücken, Bahnanlagen, Elektrizitäts- und Wasserwerke wurden bombardiert, Krankenhäuser und Chemiefabriken, Automobilwerke. Die Brücke in Varvarin wurde an einem Pfingstsonntag, als in dem Ort ein Markt und ein kirchlicher Umzug stattfanden, ins Visier genommen, bei bester Sicht. Die Berliner Fotografin Gabriele Senft gibt den Opfern und Angehörigen Namen und Gesicht. Sie hat die Hinterbliebenen und Überlebenden unterstützt in ihrem Kampf, vor deutschen Gerichten Gerechtigkeit zu erfahren. Bis zum Bundesverfassungsgericht zogen sie. Ihre Klagen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld wurden höchstrichterlich abgewiesen. Eine Haftung der BRD käme nur in Betracht, wenn »deutsche Amtsträger« von den konkreten Umständen des Angriffs gewußt hätten. Eine »Pflichtverletzung« deutscher Stellen liege aber nicht vor, urteilten die Karlsruher Richter im vergangenen Jahr.

»Wir haben nicht mit Geld gerechnet, wir haben damit gerechnet, daß anerkannt wird, daß eine Straftat begangen wurde«, zitiert Gabriele Senft einen der Varvariner Kläger nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.


Nicht ein Verantwortlicher der NATO-Staaten wurde zur Rechenschaft gezogen für das Verbrechen von Varvarin, kein Militär, kein Politiker. In dem Buch von Gabriele Senft werden wenigstens einige der Täter benannt. (jW)

Gabriele Senft: Target. Die Brücke von Varvarin. Dokumentation eines NATO-Kriegsverbrechens und seiner Folgen. Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2014, 244 Seiten, 144 Schwarzweißfotos, 16,80 Euro

Buchpremiere mit Gabriele Senft und Eckart Spoo (Herausgeber der Zeitschrift Ossietzky) am Dienstag, dem 27. Mai, 19 Uhr in der jW-Ladengalerie (Torstraße 6 in Berlin-Mitte), Eintritt: 5,00 Euro / ermäßigt: 3,00 Euro

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