Frag doch die Kreuze
Die Berliner CDU will das Maxim-Gorki-Theater für die Unterstützung der Kunstaktion »Erster Europäischer Mauerfall« abstrafen. Im Rahmen dieser Aktion des »Zentrums für politische Schönheit« (ZpS) wurden einige Kreuze abmontiert, die in der Nähe des Reichstags recht unbeachtet an Mauertote erinnerten. Das ZpS beförderte Repliken der Kreuze an die Außengrenzen Europas, um angesichts des sinnentleerten Berliner Mauergedenkens an »die Mauertoten von heute« zu erinnern. Am vergangenen Freitag wurden dann noch zwei komplett durch Spenden finanzierte Busse des ZpS vor dem Gorki-Theater verabschiedet. Erklärtes Ziel ihrer Reise ist die punktuelle Öffnung der »EU-Stacheldrahtmauer« an der griechischen Grenze mittels Bolzenschneidern. Am Donnerstag abend sollen die Rückkehrer im Gorki-Theater gefeiert werden.
Statt über heutige Todesstreifen nachzudenken, sah Philipp Lengsfeld, der für die Berliner CDU im Bundestag sitzt, am Montag »die Grenzen der Kunstfreiheit deutlich« überschritten. Shermin Langhoff trage als Intendantin des Gorki-Theaters »die volle Verantwortung für die von ihr betriebene Zusammenarbeit mit den Aktivisten«. Zu klären wäre, »ob Geld aus dem Hauptstadtkulturfonds direkt oder indirekt für diese Aktion verwendet wurde«. Berlins CDU-Innensenator Frank Henkel hatte die Aktion des ZpS im Tagesspiegel vom Sonntag »verabscheuungswürdig« genannt. Er sei außer sich darüber, »dass ein Berliner Theater die Würde der Toten und die Geschichte unserer Stadt so mit Füßen tritt«, und »diese Komplizenschaft« auch noch »mit Steuergeldern gefördert worden ist«.
Der Einwurf des Innensenators hätte auf das hohle Heliumballonspektakel zum 9. November besser gepasst. Werden die Mauerkreuze zurückgegeben? Das wurde Philipp Ruch (ZpS) vom Guardian gefragt, der der Aktion einiges abgewinnen konnte. »Das müssen Sie die Kreuze selber fragen«, war Ruchs Antwort. Auch die Berliner CDU sollte am besten nur noch mit verschwundenen Kreuzen reden. (jW)
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