Hypezig
Die gestern abend eröffnete Leipziger Buchmesse steht unter dem Vorzeichen des in diesem Jahr aufwendig gefeierten Stadtjubiläums. Ihr 1.000jähriges Bestehen will die sächsische Metropole vom Frühling bis in den Herbst mit zahlreichen Festen und kulturellen Veranstaltungen feiern. Allerdings geht es nicht in erster Linie um historisches Gedenken, sondern um ein Aufmerksamkeitsmanagement, mit dem eine unter dem neoliberalen Diktat stehende kommunale Politik Investoren und Touristen begeistern will. Dabei versteht sich fast von selbst, dass nicht alles Gold sein kann, was glänzt. Und so ist es zu begrüßen, dass in diesen Tagen ein Buch erscheint, das sich den eher verborgenen Seiten der Messestadt widmet.
Begründet wird der diesjährige Feiermarathon mit der urkundlichen Erwähnung des Ortes »urbe libzi« in der Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg im Jahr 1015. Dabei ist die urkundliche Erwähnung kein Gründungsdatum »und nur sehr bedingt der Eintritt in die Weltgeschichte«, schreiben Frank Eckardt, René Seyfarth und Franziska Werner in der Einleitung des von ihnen herausgegebenen Buchs »Leipzig: Die neue urbane Ordnung der unsichtbaren Stadt«. An vergleichbaren Jahreszahlen bestehe kein Mangel. Erst 1965 sei das 800jährige Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte begangen worden.
Die Stadtforscher haben Beiträge von Autoren zusammengetragen, die hinter die Fassade Leipzigs schauen. Es geht um die Lebensumstände von Wohnungslosen, Flüchtlingen, älteren Menschen sowie die Aktivitäten von Neonazis. Leider sind viele der Texte recht akademisch geraten. Die politische Nützlichkeit des Bandes wird dadurch leider eingeschränkt. (thw)
Frank Eckardt, René Seyfarth, Franziska Werner (Hg.): Leipzig. Die neue urbane Ordnung der unsichtbaren Stadt. Unrast Verlag, Münster 2015, 296 Seiten, 18 Euro
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