Die neue Ordnung
Jan Wagner ist im deutschen Literaturbetrieb zur Zeit der Mann vom Dienst für possierliche, bisschen gespreizte Lyrik. Sein aktuelles Bändchen heißt »Regentonnenvariationen«. Darin erinnert absolut nichts als die Kleinschreibung an Schernikau. Es geht da beispielsweise um »das weidenkätzchen«, das sich eine »tante mia (…) in die nase steckte«. Warum, wird erklärtermaßen verschwiegen, genauso, »wann genau«. »sicher ist: es wich / je mehr sie es zu fassen suchte, stetig / zurück in seine dunkelheiten, weich / und weiß, ein hermelin in seinem bau«. Au!
Als unverlangte Einsendung für die jW-Kolumne »Gedicht zeigen« hätte das wenig Chancen, am Donnerstag aber hat der gebürtige Hamburger für seine »Regentonnenvariationen« den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik erhalten. Erstmals wurde die Ehrung einem Lyriker zuteil. Das wirke »hoffentlich wie ein Paukenschlag«, hieß es in der Laudatio.
In der Kategorie Sachbuch wurde eine eher brauchbare Abhandlung eines Wiener Professors für Osteuropäische Geschichte bedacht. »Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent« von Philipp Ther schildert Siegeszug und Verheerungen des Neoliberalismus.
In der Sparte Übersetzung wurde die Autorin Mirjam Pressler geehrt, die das neue Buch von Amos Oz, »Judas«, aus dem Hebräischen übertragen hat. Oz sagte bei der Verleihung, er habe sich vor 50 Jahren nicht vorstellen können, je einen Fuß auf deutschen Boden zu setzen.
Mehr als 2.200 Aussteller aus 42 Ländern sind bei der Messe in diesem Jahr vertreten. Bis Sonntag rechnen die Veranstalter mit mehr als 170.000 Besuchern. Gerade die populären Autoren sorgen bei ihren Lesungen immer wieder für Verblüffung. So erklärte Thomas Brussig (»Berliner Orgie«) am Freitag, er habe beim Schreiben seiner Romane keine Verfilmung im Hinterkopf. (dpa/jW)
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