Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 15.04.2015, Seite 11 / Feuilleton

Spätlese Grass

Ein multimedialer Abgang: Wie engagiert auch der sehr alte Günter Grass im Betrieb zugange war, kann man an der Vielzahl der Gespräche ermessen, die derzeit in Presse und Fernsehen als »letzte Interviews« verkauft werden. Mit seiner gewohnten Tendenz zum Allgemeinplatz machte Grass sich bis zuletzt Sorgen um die Zukunft der Menschheit. »Wir steuern auf den dritten großen Krieg zu«, sagte er beispielsweise in einem Interview der spanischen Zeitung El País, das nach Angaben des Blattes am 21. März in Lübeck geführt und am Dienstag erstmals veröffentlicht wurde.

»Es gibt überall Krieg. Wir laufen Gefahr, dieselben Fehler wie früher zu machen. Ohne es zu merken, als wären wir Schlafwandler, können wir in einen neuen Weltkrieg gehen«, warnte der Nobelpreisträger. »Heute haben wir auf der einen Seite die Ukraine, deren Situation einfach nicht besser wird. In Israel und Palästina wird es immer schlimmer. Im Irak haben uns die Amerikaner ein Desaster hinterlassen. Es gibt die Greueltaten des Islamischen Staates und das Problem in Syrien, das fast aus den Nachrichten verschwunden ist, obwohl sich die Menschen dort weiter gegenseitig umbringen.« Wer könnte eine solche Gegenwartsanalyse nicht ad hoc nach einer Viertelstunde »Tagesschau« formulieren?

Neben den vielen politischen Konflikten beklagt Grass im Gespräch auch »das soziale Elend überall auf der Welt«, sowie die Probleme der Überbevölkerung, des Klimawandels und des Atommülls, »deren Folgen gar nicht beachtet werden«. Kühn ist einzig sein Gedanke, dass im 20. Jahrhundert »die Unvernunft weniger ausgeprägt« gewesen sei. Grass ging mit der Zeit. Seine »Blechtrommel«-Figur Oskar Matzerath wäre nach seiner Überzeugung heute »ein Computerfreak, ein Hacker oder so etwas Ähnliches«. (dpa/jW)

Mehr aus: Feuilleton