Lesetips
Erbärmliches Ergebnis?
Der Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit präsentiert in seiner aktuellen Ausgabe eine vielschichtige und kontroverse Debatte über den Tarifabschluss der IG Metall, die eine Reihe interessanter Fragen aufwirft. Laurenz Nurk bezeichnet diesen als »erbärmliches Ergebnis« und erntet dafür Widerspruch von Toni Richter. Dieser betont, dass die jahresbezogene Entgeltsteigerung von 2,74 Prozent angesichts der niedrigen Inflation ein Ergebnis bedeutet, »das mit Blick auf den Reallohnzuwachs innerhalb der letzten 24 Jahre im oberen Drittel liegt«. Das vermeintlich erbärmliche Resultat habe zwar nicht zu Jubelstürmen, aber auch nicht zu einem Aufschrei in der Mitgliedschaft geführt.
Der Beitrag von Richter enthält viele nachvollziehbare Argumente. Nicht folgen kann man ihm allerdings in dem Szenario, höhere Tarifabschlüsse könnten zu einer Austrittswelle aus den Unternehmerverbänden führen. Denn ob Firmen aus Tarifverträgen flüchten, hängt aller Erfahrung nach nicht in erster Linie davon ab, wie hoch die Abschlüsse sind. Vielmehr ist für sie entscheidend, wie hoch das Risiko gewerkschaftlicher Gegenwehr ist. Nicht eine »moderate Lohnpolitik« hält Unternehmer von Tarifflucht ab, sondern gewerkschaftliche Mächtigkeit.
Anderen Aspekten des Beitrags ist hingegen voll zuzustimmen. So der Warnung, die IG Metall könne sowohl methodisch als auch inhaltlich zu einer größeren IG BCE werden. Die Chemiegewerkschaft gilt als Paradebeispiel für eine Organisation, die allein mit »sozialpartnerschaftlichen« Mitteln versucht, für ihre Klientel etwas herauszuholen – und dabei jeden gesellschaftsverändernden Anspruch längst aufgegeben hat. (dab)
Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 6/7 2016, 20 Seiten, 3,50 Euro. labournet.de/express
Tarifpolitik kompakt
Wie entwickeln sich die Tariflöhne? In wie vielen Firmen gibt es Betriebsräte? Wie haben sich die Arbeitszeiten verändert? Diese und viele weitere Fragen beantwortet das »Statistische Taschenbuch Tarifpolitik« des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Zur Tarifsituation einzelner Branchen – von der Abfallwirtschaft bis zur Zeitarbeit – finden sich die relevanten Daten ebenfalls in kompakter Form. Ein handliches Nachschlagewerk für jeden, der mit Tarifpolitik zu tun hat. (dab)
Statistisches Taschenbuch Tarifpolitik 2016, Download oder kostenlose Bestellung: WSI, boeckler.de/wsi-tarifarchiv_4828.htm
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