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Standortdenken in Richterköpfen
Wie gehen die Arbeitsgerichte mit Fällen von Union Busting um, also der professionellen Bekämpfung von Gewerkschaftern und betrieblichen Interessenvertretern? In dieser Frage zeichnet der Frankfurter Fachanwalt für Arbeitsrecht, Patrick Fütterer, im aktuellen Express ein recht pessimistisches Bild. Er dokumentiert beispielsweise ein Urteil, in dem ein Arbeitsrichter einer Betriebsrätin mehr oder weniger offen unterstellt, selbst an Mobbingaktionen gegen sie schuld zu sein. Auch in anderen Fällen zeigten Arbeitsgerichte wenig Verständnis für das besondere Schutzbedürfnis von Betriebsräten. Der Autor führt dies darauf zurück, dass sich die Verhältnisse im Arbeitsrecht wie in der Gesellschaft verändert hätten. »Anders als in den 1970er Jahren bewegen sich Betriebsräte und Gewerkschaften nicht mehr in einer Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs.« Das Standortdenken habe auch in den Köpfen vieler Arbeitsrichter Einzug gehalten.
Fütterer erkennt einen grundlegenden Wandel im Verständnis der entsprechenden Gesetze »von einem Rechtsgebiet, dessen Gegenstand durch ein besonderes wirtschaftliches und persönliches Abhängigkeitsverhältnis geprägt ist, hin zu einem bloßen Sonderprivatrecht«. Die Sicht auf das Arbeitsrecht als – in der Vergangenheit erkämpftes – »soziales Menschenrecht im Betrieb« verliere an Bedeutung. Diese Entwicklungen müssten beim Widerstand gegen Union Busting einkalkuliert und Gegenstrategien entwickelt werden. (dab)
Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 11/2016, 16 Seiten, 3,50 Euro. www.labournet.de/express
Kapital konzentriert sich
Die Wissenschaftler Georgina Murray, Werner Nienhüser und David Peetz gehen in einem Beitrag für die WSI-Mitteilungen der Hans-Böckler-Stiftung der hochspannenden Frage nach, wie sich die Zusammensetzung des Eigentums an NichtdFinanzunternehmen in Deutschland und den USA nach der Krise von 2008/2009 verändert hat. Sie zeigen, dass in beiden Ländern Finanzinvestoren einen großen und wachsenden Aktienanteil an diesen Firmen halten. Zudem weisen sie nach, dass sich der Aktienbesitz in den vergangenen Jahren weiter konzentriert hat, auch wenn diesbezüglich nach wie vor große Unterschiede bestehen. So halten die zehn größten Anleger in den USA rund 61 Prozent des realwirtschaftlichen Aktienvermögens, in Deutschland immerhin 39 Prozent. Allein Black-Rock und Capital Group besitzen hierzulande elf, in den USA 23 Prozent der Anteile. (dab)
WSI-Mitteilungen 8/2016, Jahresabo: 92,40 Euro (Studierende: 49,80 Euro). www.wsi-mitteilungen.de
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