Iwan, IBAN, TalIBAN
Von Wiglaf DrosteAls ich in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts heranwuchs, hörte ich von manchen älteren Männern das Wort »Iwan«, oft in der Formulierung »Wenn der Iwan über Alaska kommt«. »Der Iwan«, immer falsch ausgesprochen, also nicht »Iwán«, sondern »Iwann«, hieß auch »der Russe«, wie in »Jeder Schuss ein Russ’« oder »Jeder Stoß ein Franzos’«, blutgierige Verbalmassakrierungsphantasien, die der Landser für humorvoll hielt.
»Der Iwan« kam aber nicht, weder über Alaska noch sonstwoher, sondern wurde glasnostifiziert; an seiner Statt kamen IBAN und BIC; bei BIC denke ich bis heute an die Einwegkulis, mit denen Rattelschneck zeichnet, oder an Einwegfeuerzeuge, während die IBAN der TalIBAN der Geldinstitute ist, der jede Überweisung zu einem Zahlenlotto macht, bei dem es nichts zu gewinnen und nur Nerven zu verlieren gibt.
Als der TalIBAN noch gegen den Iwan kämpfte, war er ein Freiheitskämpfer, heute ist er Terrorist, denn sowohl bei der IBAN wie beim TalIBAN kommt es allein auf den praktischen Nutzwert und die entsprechende Perspektive an. Konstant geblieben ist nur der Hass auf »den Iwan«, der das Denken so schön stumpf und einfach macht wie ein rostiges Bajonett.
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