Realismus ist …
Von Gisela SonnenburgMechthild Großmann, bekannt als quarzende Staatsanwältin aus dem Münsteraner »Tatort«, lässt sich auf Cervantes’ »Don Quichote« ein und liegt am Ende unter ihrer braunen Haarpracht auf dem Tisch. Die linke Hand baumelt grazil über die Kante – eine sinnliche, erschöpfte Dame. Begleitet vom Barockensemble »Lautten Compagney«, beschwört Großmann derzeit auf Lesereise die Renaissance (Text und Regie: Christian Filips). Am Mittwoch gastierte sie am Berliner Ensemble.
Großmann erzählte aus Sicht der Stute Rosinante. Don Quichote gab ihr diesen Namen erst, als er – nach Jahren der Lektüre von Ritterromanen – endlich selbst zur Aventiure aufbrach. Prompt landen die beiden nebst Stallmeister Sancho Panza im Puff. Der Don hält die Weinschläuche für Riesen, will sie für Dulcinea, seine Angebetete, abstechen. Die Folge: Roter Wein tränkt ihn von oben bis unten, als sei er ein schwerverwundeter Krieger.
Das Gute an Dulcinea, so Großmann, sei ja, dass es sie nicht gibt. So kann die »Dultschineeeeeeea!« dem liebestollen Don, den Großmann mit köstlich-sabbernder Stimme spricht, keinen Wunsch abschlagen. Rosinante übrigens träumt von »gutem Gras« und galizischen Hengsten, vor allem von letzteren. Als die heißen Jungs auf der grünen Weide vor der dominanten, nicht mehr ganz jungen Rosi Reißaus nehmen, schlussfolgert diese: »Der Realismus ist ein Pferd!«
Als Don Quichote stirbt, spricht Großmann den Knappen zum Erbarmen. Und Rosinante sieht sich derweil schon im Jenseits, den Don heldenhaft zu neuen Abenteuern tragend. Ein Windrad sollte sich auch dort noch finden lassen.
Nächste Termine: 22.1. Großhansdorf (Waldreitersaal), 28.1. Schwetzingen (Rokokotheater), 23.7. Wetzlar (Rosengärtchen)
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