Testlauf für G 20: Friedliche Demo in Hamburg
So verschieden ist die Wahrnehmung. Teilnehmer und kritische Beobachter der Maikundgebungen am Montag abend in Berlin und Hamburg berichteten, diese seien friedlich verlaufen. Allerdings habe es immer wieder Einschränkungen und Übergriffe von seiten der Polizei gegeben. Dagegen war in Nachrichtenagenturen und bürgerlichen Medien von »gewaltsamen« Aufzügen und »Ausschreitungen« die Rede.
Christina Tieck vom Arbeitskreis kritischer Juristinnen, die die »revolutionären 1.-Mai-Demo in Berlin-Kreuzberg beobachtet hatte, teilte mit, es sei zu »schwerwiegenden Einschränkungen der Versammlungsfreiheit« gekommen. Die Polizei sei sowohl gegen Teilnehmer als auch gegen Passanten vorgegangen. Zudem sei es zu Angriffen auf Pressevertreter, Sanitäter und Beobachter gekommen, ihre Arbeit sei zum Teil behindert worden. Bei Festnahmen seien Beamte brutal vorgegangen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP war die Polizei am Montag in Berlin mit rund 5.400 Beamten im Einsatz.
In Hamburg fand am Montag abend ebenfalls eine »Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration« statt. Sie stand – wie auch diejenige in Berlin-Kreuzberg – im Zeichen des bevorstehenden G-20-Gipfels in der Hansestadt. Ihr Motto lautete »Krieg und Krise haben System. G 20 entern, Kapitalismus versenken«. An der friedlichen Kundgebung beteiligten sich nach Angaben der Polizei zeitweilig rund 2.800 Menschen. Dass es nicht zu Zwischenfällen kam, dürfte der Besonnenheit der Demonstranten zu verdanken sein, denn in Hamburg waren rund 2.100 Polizisten im Einsatz. Laut AFP kam es erst am späten Abend zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und etwa 200 bis 300 Menschen im Schanzenviertel, die Beamte mit Glasflaschen und Feuerwerkskörpern attackiert haben sollen. Sechs von ihnen wurden laut Polizei verletzt, einer von ihnen musste im Krankenhaus behandelt werden.
Zum Verlauf der revolutionären Maidemo in der Hansestadt schrieb Katharina Schipkowski am Dienstag auf taz.de, es sei das erste Mal gewesen, dass die Teilnehmer die gesamte geplante Route laufen konnten. In den Vorjahren seien sie »nie weiter als 50 Meter« gekommen, »bevor die Lage eskalierte«. Dies sei ein »gutes Signal« für die bevorstehenden Proteste gegen das Treffen des Führungspersonals der 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie der Europäischen Union am 7. und 8. Juli in Hamburg. Die linke Szene sei »besonnen, entschlossen und vereint« aufgetreten. Zuvor hatte Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, behauptet, es gebe Hinweise darauf, dass Aktivisten den 1. Mai als »Generalprobe« für Auseinandersetzungen beim G-20-Gipfel nutzen könnten. (jW)
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