Leben als Sabotage
Von Werner JungHans Schefczyks Politkrimi »Das Ding drehn« bringt seine Leser zurück ins Jahr 1991, in die Zeit unmittelbar nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staatengemeinschaft. Der Kapitalismus hat, so scheint es, endgültig den Sieg errungen. Gäbe es da nicht das eine oder andere versprengte Häuflein Anarchisten, Relikte aus den 70er Jahren und Überbleibsel der Roten Zellen, deren Mitglieder, etliche inzwischen deutlich gealtert und der Rente nah, noch den Träumen von der subversiven Aktion und Attacken aufs Kapital nachjagen. Einmal noch wollen Morlock, Ronja, Erik und Nele einen richtig großen Coup landen und ein niederländisch-deutsches Unternehmen, das u. a. in Bangladesch seine dubiosen Geschäfte betreibt, ebenso vorführen wie mächtig schröpfen. Doch der ausgeklügelte Plan muss schon deshalb scheitern, weil es den Staatsschützern gelungen ist, in die Gruppe einen V-Mann einzuschleusen. Der verliebt sich schließlich auch noch in Ronja. Die ganze Chose geht also gewaltig in die Hose.
Krimis haben bekanntlich folgendes Schema: Am Anfang wird die Ordnung massiv gestört, am besten durch ein Gewaltverbrechen, worauf die Detektion einsetzt, um am Ende dann die geltende, wiederhergestellte Ordnung – den gesellschaftlichen Konsens – triumphieren zu lassen. Klappe zu. Ein gelungener Politkrimi demonstriert und demontiert diese Scheinordnung dabei zugleich und zeigt die Verlogenheit unserer gesellschaftlichen Spielregeln auf.
Schefczyk beherrscht diesen Drahtseilakt. Er erzählt seine Geschichte schnell und versiert und ihm gelingt es, seinen Protagonisten Tiefe zu verleihen. Wichtiger noch: Er macht die Sozialpsychologie einer politischen Gruppe angesichts eines dramatischen politischen Wandels plausibel, der ihr Weltbild umstürzt. Das ist seine eigentliche Kunst.
Hans Schefczyk: Das Ding drehn. Roman. Transit-Verlag, Berlin 2017, 192 Seiten, 20 Euro
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