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Aus: Ausgabe vom 24.06.2017, Seite 16 / Aktion
Sommer des Widerstands

NATO, RAF und Pflaumen im Korb

Franz Josef Degenhardt: Brandstellen
Von Christof Meueler
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Wenn die Lieder nicht gereicht haben, hat der 2011 verstorbene Liedermacher Franz Josef Degenhardt Romane geschrieben. Insgesamt acht Stück. »Brandstellen« ist sein zweiter Roman von 1975. Es geht um die Protestszene in den Siebzigern vor der Erfindung der alles und jeden beruhigenden Grünen. Die Hauptfigur Bruno Kappel fasst die »Stimmung der Saison« im postfaschistischen Westdeutschland unter Helmut Schmidt zusammen: »Neopragmatismus: das Machbare machen und das Nötige notfalls mit Mafia-Mitteln, im übrigen halbrechts und abwarten.« SPD, wie sie leibt und lebt. Kann man es besser sagen? Kann man, der ultimative Antisozihit heißt immer noch »Verteidigung eines alten Sozialdemokraten«, stammt aus dem Jahr 1968 – und von Degenhardt.

Der war gelernter Rechtsanwalt und zeichnet Kappel als arroganten linksliberalen Anwalt, voller Zynismus und Sexismus im BMW, der kathartische Momente erlebt, als er seinen Geburtsort besucht. Er sucht seine frühere Freundin, die nun bei der RAF ist, verliebt sich aber in eine junge Frau, eine fast schon heilige Kommunistin, die auch noch Maria heißt und Kappel wieder auf die Füße stellt. Er wirkt ein bisschen wie einer dieser fertigen Privatdetektive der »Schwarzen Serie«, nur dass er im Ruhrgebietskaff die Wirkmächtigkeit linker Strategien untersucht.

Vor Ort soll ein NATO-Truppenübungsplatz gebaut werden. Hierfür muss ein Campingplatz weichen, was eines dieser berühmten breiten Bündnisse aus SPD, DKP, Gewerkschaften und Jugendgruppen verhindern will. Es wird viel diskutiert. Zudem liefert Degenhardt essayistische Skizzen von Boheme und Bourgeoisie, denen er eine proletarische Gemütlichkeit entgegenstellt. Er verwahrt sich gegen den Hass auf »das gemeine Volk«, hinter dem sich meist Autoritarismus versteckt. Bei Degenhardt geht es um helle Kneipen und dunkle Kneipen, um Entspannung draußen auf dem Land vor einem »Spankorb voll Pflaumen«. Es wird auch gerne schwimmen gegangen. Und neben der ganzen Lebenspracht thematisiert er die in dieser Gesellschaft stets verleugneten Klassenstrukturen, immer wieder.

Franz Josef Degenhardt: Brandstellen. Roman, 200 Seiten, Verlag Kulturmaschinen

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