Hautnah
Rassismus als chronische Krankheit: Zur Tagespresse des Oscar-prämierten »Monster’s Ball«
Andreas HahnIch habe »Monster's Ball« zweimal gesehen. Der Film kam mir sehr krank vor. Krankheit nicht im Sinne eines ästhetischen Kampfbegriffurteils, wie Goethe es noch gebrauchte, um das klassische Humanitätsideal nicht vom Kannibalismus der Kleistschen »Penthesilea« anfallen lassen zu müssen, und nach ihm eine Horde nietzscheanischer Zivilisationskritiker als Urteil über den Geschmack des sentimentalisch romantischen Pöbels, sondern Krankheit im Sinne von Frantz Fanon, der den Rassismus in den Begriffen der Psychopathologie beschrieb. Rassismus ist und macht krank. Das gilt für alle. Trotzdem bleibt immer die Frage, wessen Krankheit man meint, die der Herren oder die daraus folgende ihrer Opfer, und welche, eine spezielle einzelne (die meist schon sehr krank ist) oder eine kollektive, gewissermaßen automatische, die man niemandem – und auch keinem Text – zum Vorwurf machen kann, und für die es, wie man sagt, keine einfachen Lösungen gibt.
Normalerweise schützen die Regeln der politischen Korrektheit die Krankheit vor ihrem Ausbruch in der Öffentlichkeit. Man muß nur die richtigen Worte kennen, um endlich, im richtigen Kontext, über das zu sprechen, was einen wirklich interessiert, die Schattierungen der Hautfarbe: »Farbige Frau und weißer Mann halten sich doll aneinander fest. Bezeichnenderweise war es die Hauptdarstellerin, die einen Oscar bekam. Als erste – so der p.c.-Begriff – afro-amerikanisch...
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