Bradley gestorben
Der US-Soul-Sänger Charles Bradley ist tot. Er starb am Samstag in New York im Kreise von Familienangehörigen, Freunden und Bandmitgliedern an Magenkrebs. Bradley wurde 68 Jahre alt. Er war eine der führenden Figuren des Retro-Soul, wie er produktionsästhetisch durchaus stimmig, aber eben auch augenzwinkernd reaktionär in einer auf musikalischen Fortschritt abonnierten »Black Music« vom New Yorker Label Daptone angerührt wird. Neben der im November 2016 verstorbenen Sharon Jones war Bradley eines der Aushängeschilder der Firma und »Changes«, sein drittes und letztes Album von 2016, in der Tat bemerkenswert, weil er sich mit seiner charismatischen Stimme vom James-Brown-Kopisten-Stil endlich freigesungen hatte. Der Titelsong ist eine betörende Coverversion eines Black Sabbath-Kitsch-Hits, der sich so anhört, als stammte er aus einer Session von Otis Redding (gestorben 1967).
Für den in Brooklyn aufgewachsenen Bradley war der Besuch eines James-Brown-Konzertes 1962 in Harlem ein Erweckungserlebnis. Danach haut er mit 14 von zu Hause ab, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch und wird schließlich für 17 Jahre Chefkoch in einer psychiatrischen Anstalt. Als er 1996 wieder bei seiner Mutter in Brooklyn einzieht, nennt er sich »Black Velvet« und tritt in Clubs als James-Brown-Imitator auf. Ab 2002 nimmt er eine Reihe von Singles für Daptone auf, die ihn mit Anfang 50 als »Screaming Eagle of Soul« vermarkten. Kurz gesagt: Er kam aus der Armut, glaubte an Gott, wollte immer »aus dem Herzen« singen und berührte damit sehr viele Menschen – zu recht. (jW)
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