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Aus: Ausgabe vom 28.09.2002, Seite 16 / Aktion

Dringender denn je vonnöten: wache Beobachter

Jetzt vernetzen! Heute (und die nächste Woche): junge Welt und Antifaschisten
Von Jana Frielinghaus / Hans Canjé

Eins ist klar: Der Kontakt zwischen Redaktion und den Menschen, die sich vor Ort gegen die Gefahr von rechts stemmen, gegen das Totschweigen und Verharmlosen rechter Gewalttaten kämpfen, könnte besser sein. Obwohl wir dem Antifaschismus sowohl im praktischen als auch im historischen und im Sinne der theoretischen Auseinandersetzung viel Platz einräumen – auf der mittwochs erscheinenden Antifa-Seite, auf den Politik- und Thema-Seiten und in den Wochenendbeilagen. Aber weil diese Zeitung – Geschäftsführung, Anzeigenabteilung, Aktionsbüro, Schreibbüro, Gestaltung und Produktion eingerechnet – von gerade mal 30 Leuten gemacht wird, brauchen wir die aktive Mitarbeit der Leute vor Ort um so nötiger.

Wer die jW als überregionale Plattform, die über neofaschistische Umtriebe vor Ort, über die Bemühungen von Antifaschisten unterschiedlichster Herkunft zum vereinten Agieren und über Debatten innerhalb der Antifa berichtet, nutzen und vor allem verbessern will, der oder die sollte sich fragen, was er dazu beitragen könnte. Die größte Hilfe wären eigene Beiträge von Leuten, die Ereignisse selbst miterlebt haben und die sich dann auch noch in der Lage fühlen, darüber kurz, faktenreich und vor allem aktuell zu berichten. Also das Erlebte in Artikelform zu bringen, wenn möglich mit bezeichnenden und aufschlußreichen O-Tönen der Bürgermeister, Polizei- und Fraktionssprecher, Antifa-Aktivisten und natürlich des großen Unbekannten, des »normalen« Bürgers angereichert. Aus Aufrufen und Erklärungen sollte möglichst nur ein spannender Satz zitiert werden, der nicht gerade zum hundertsten Male sagt, daß der Rassismus vom Staat gefördert und institutionalisiert wird. Daß dem so ist, kann man durch Schilderung von Vorfällen und Hervorheben des Exemplarischen belegen. Diese Anforderungen unter einen Hut zu bringen ist zugegebenermaßen schwer, vor allem, wenn man’s zum ersten Mal macht und wenn man sein Herzblut hineinsteckt und seine knappe Freizeit dafür opfert. Aber prinzipiell ist dies das Größte, was Ihr, liebe Freundinnen und Genossen, für uns (und für Eure Vernetzung untereinander) tun könnt.

Jana Frielinghaus,
verantwortlich für die jW-Antifaseite


Der Blick auf die Zusammensetzung des neuen Bundestages kann die antifaschistischen, antirassistischen und antimilitaristischen Bewegungen unseres Landes nicht eben optimistisch stimmen. Gewichtige Stimmen für eine im umfassenden Sinne antifaschistische Politik und Kultur sind dort nicht mehr vertreten. Da gewinnen Zeitungen wie die junge Welt an Gewicht: als wache Beobachter des sich über das Land ausbreitenden rechten Zeitgeistes, als Chronisten, Analysten und auch als Initiatoren für eine Gegenbewegung. In diesem Sinne ist die jW für mich längst kein »Zweitblatt« mehr neben einer anderen Tageszeitung. Ich könnte mir vorstellen, daß wir »Macher« antifaschistischer Blätter uns bei Wahrung unserer Vielfalt recht bald einmal zusammensetzen.

Hans Canjé,
Verantwortlicher Redakteur des Monatsmagazins »antifa« des VVdN-BdA


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