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Aus: Ausgabe vom 20.11.2017, Seite 11 / Feuilleton
Krimiserie

Etwas ist falsch

Ein Mord aus dem Nichts? Die Miniserie »The Sinner« nach einem Krimi von Petra Hammesfahr
Von Felix Bardorf

Cora (Jessica Biel) verbringt den Tag mit ihrem Ehemann Mason und ihrem Kind am Strand. Plötzlich ersticht sie in Rage einen Mann – scheinbar grundlos. Der Rest der Miniserie »The Sinner«, die auf acht Folgen begrenzt bleibt, dreht sich um die Frage nach der Schuld der jungen Frau. Vor Gericht erkennt sie ihr Verbrechen an, scheint aber selbst nicht zu wissen, warum sie es beging. Retrospektiv erfahren die Zuschauer von ihrer kaputten Familiengeschichte, von einer erzkonservativ-christlichen Mutter, welche ihr die Schuld an der schweren Herzkrankheit ihrer Schwester gibt. Diese wiederum klammert sich an Cora und macht es ihr damit unmöglich auszubrechen. Flashbacks suchen sie heim, sinnlose Erinnerungsfetzen und ständig das Bild einer Tapete, die stark an ein Faltbild aus dem Rorschachtest gemahnt. Der Detective Harry Ambrose, solide gespielt von Bill Pullman, hilft ihr bei der Suche nach den Gründen für ihre Tat.

Die Serie basiert auf dem Kriminalroman »Die Sünderin« von Petra Hammesfahr. Die erfolgreiche deutsche Autorin teilte trotz kleinerer Veränderungen, etwa der Namen der Protagonisten, bereits ihre Begeisterung zur US-Serie im Internet mit: »Hoffentlich platze ich nicht vor Stolz, muss doch arbeiten.« Ist der Stolz berechtigt?

Die Inszenierung lebt vor allem vom Zusammenspiel von Jessica Biel und Bill Pullman. Leider gelingt es der Serie in den letzten Folgen nicht mehr, die anfängliche Spannung aufrechtzuerhalten. Die Ereignisse, die letztendlich zum Mord führten, werden nur noch lieblos abgearbeitet, die Story findet ein allzu vorhersehbares Ende. Doch bis dahin ist »The Sinner« eine kurzweilige, durchaus fesselnde Serie, die allerdings nur selten mit altbekannten Mustern zu brechen wagt. Es geht um seelische Abgründe und Traumata, trotzdem werden die widersprüchlichen Familienbindungen nur grob gezeichnet. Gesellschaftliche Strukturen werden nicht in den Blick genommen. Material wäre vorhanden gewesen, wenn man bedenkt, welchen Raum etwa Coras Beziehungen zu Männern einnehmen. Der Umstand, dass sie erst mit Hilfe des deutlich älteren Ambrose zur Erkenntnis ihres wahren Motivs gelangt, erinnert an ein psychoanalytisches Setting – mit einem gewissen Paternalismus. Ein Satz Coras aus dem Trailer lässt sich somit auch auf die Serie anwenden: »I think there’s something wrong with me« (»Ich denke, etwas ist falsch mit mir«).

»The Sinner«, bei Netflix

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