Hintergrund: Der Anschlag und seine Folgen für den BVB
Die Gedanken kommen immer wieder. Auch in Allerweltssituationen. Platzt irgendwo ein Luftballon, fährt ein Lkw ganz langsam vorbei, geht es wieder im Bus vom Hotel zum Stadion – dann haben die Spieler von Borussia Dortmund den Bombenanschlag auf ihr Leben vor Augen. »Da beginnt bei mir das Kopfkino«, sagt Weltmeister Matthias Ginter.
Der im April vermutlich von einem Einzeltäter begangene Anschlag auf den BVB-Mannschaftsbus hat faktisch Auswirkungen bis heute. So war am 9. Dezember, rund fünf Stunden vor Spielbeginn der Partie Borussia Dortmund gegen Werder Bremen, im Mannschaftshotel des BVB ein Feueralarm ausgelöst worden. BVB-Trainer Peter Bosz berichtete, dass Alarmanlagen ertönt seien, als das Team zu einem Spaziergang aufbrechen wollte. »Wir haben das Hotel dann etwas schneller verlassen«, sagte Bosz dem TV-Sender Sky. Bei dem Feueralarm handelte es sich jedoch um einen Fehlalarm. Die Feuerwehr, die mit Löschzügen ausgerückt war, konnte keinerlei Brandherde ausmachen. Was der genaue Grund für den Alarm war, konnte nicht ermittelt werden.
Vor dem im Dortmunder Süden gelegenen Hotel »L’Arrivée« in Dortmund soll der in Untersuchungshaft sitzende Sergej W. am 11. April dieses Jahres drei von ihm angefertigte Sprengsätze deponiert und später gezündet haben. Der Mannschaftsbus hatte das Hotel gerade Richtung Stadion verlassen, als um 19.16 Uhr in einer Hecke drei Sprengsätze detonierten. »Wir dachten alle, dass wir jetzt sterben«, berichtete der damalige BVB-Profi Mikel Merino zuletzt noch einmal im englischen Guardian. Wie viele der von dem Anschlag betroffenen Spieler in dem heute beginnenden Prozess vor Gericht aussagen werden müssen, ist bisher noch unklar. Ein Sprecher des Dortmunder Landgerichtes rechnete jedoch bereits mit überdurchschnittlich hohem medialen Interesse.
Abseits allen Leids hatte das Attentat ohnehin gravierende sportliche Folgen. An der raschen Neuansetzung des ausgefallenen Champions-League-Spiels gegen den AS Monaco für den Folgetag entzündete sich ein öffentlich geführter Streit zwischen Trainer Thomas Tuchel und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Ohnehin vorhandene Gräben rissen weiter auf – sie waren schließlich nicht mehr zu überbrücken. Nach dem DFB-Pokal-Sieg musste Tuchel gehen.(sid/jW)
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