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Aus: Ausgabe vom 21.12.2017, Seite 10 / Feuilleton
Droste

Der Pirat ohne Holzbein (5)

Von Wiglaf Droste

Für Guy

Sie fanden ihn. Er war rund und prall, kochte, wie der liebe Gott es gern gekonnte hätte, und fuhr bei seinerseits als unangemessen empfundener Ansprache aus der Haut wie ein Lachs. »Auf See gehen? Mit euch Irrlichtern?«

Er schwieg für ein paar Sekunden; dann ächzte er, mehr, als er es sagte: »Ich mach’s. Mir hängt der Käse hier zum Laibe heraus. Und einen guten Küchenmann« – er betrachtete den Kurzen prüfend – »braucht man immer. Dem biege ich das bei.« Frank hatte eine ehrliche Antwort bekommen; das war mehr, als man in seiner Branche und überhaupt auf der Welt erwarten durfte.

Also wiggelten sie los und besorgten Proviant: Äpfel, Ananas, Orangen, Zitronen, Knoblauch, weißen und schwarzen Essig, Senf, roten und schwarzen Pfeffer, Curry in allen Variationen, Kreuzkümmel, Chili in Rot und Gelb, Zwiebeln, Kartoffeln, Linsen, Sellerie, Steckrüben, Möhren, Tomaten, Gurken, Paprika, Kürbisse, getrocknete Steinpilze, Kapern, Meerrettich, Rote Beete, alle duftenden grünen und roten Kräuter – und Fenchel in rauhen Mengen. Der Junge staunte. »Wer soll das alles essen?« fragte er. »Das wirst du schon sehen, wenn du es ihnen ordentlich vorgesetzt hast«, sagte der Koch.

»Sie werden dich lieben. Oder so tun als ob. Darum geht es aber nicht bei unserem Job. Wir arbeiten hier und geben ihnen Ansporn für ihre Arbeit. Wir sind alle so unterschiedlich wie gleichzeitig gleich. Aber die meisten wissen das nicht. Nur beim Essen kommt manchmal ein bisschen Bewusstsein in sie. Also immer schön füttern, dann sind sie halbwegs friedlich.« Er machte eine Pause, und sagte dann leise: »Na ja, möglicherweise.« Sie beließen es dabei. Hauptsache, der Mann war an Bord.

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