Man schläft gefährlich
Von Frank WillmannIm Jahr 2028 leben Sportficker gefährlich. Das ist die wichtigste Botschaft des neuen Werks von Helmut Krausser. Der ist ein wahrer Tausendsassa und tanzt auf allen Hochzeiten. Ob Lyrik, Roman, Sachbuch über Bayern München oder schnöder Krimi, kein Genre ist vor ihm sicher, selbst vor der Oper macht er nicht halt.
Sein neuer Roman »Geschehnisse während der Weltmeisterschaft« ist in der nahen Zukunft angesiedelt. Im Jahr 2028 finden in Kopenhagen die 11. Weltmeisterschaften im Leistungssex statt. Begleitet von wütenden Demos diverser Gegner aus den Salafisten-, Hakenkreuzler- und Besorgte-Bürger-Ecken.
Die Ficker/innen werden in ihrem Hotel schwer bewacht, Leo, der Berliner Vertreter, liebt Sally, seine Leistungssexpartnerin. Diese weiß von nix, bekommt komische Mails von einem schwerbehinderten Fan, indes die Polizeichefin von Kopenhagen versucht, die Spinner zu bändigen und Salafisten hinten rum (sic!) um den Chefsessel des Matratzensports kämpfen (Tote gibt’s auch). Sehr verworren, leider sprachlich nicht sonderlich elegant. Zudem wird unser Leon hin und wieder von Dosto und Jewski malträtiert, ohne dass der Leser sich einen Reim darauf machen kann. Davor und danach wird gerammelt, was das Zeug hält, wer aber solide Pornographie erwartet, wird vom Meister bitter enttäuscht.
Klingt bisschen nach halber Houellebecq für Arme, ist es irgendwo auch, vom Finale will ich gar nicht erst reden. Vielleicht hätte der Verlag den Roman als Krimi verkaufen sollen, oder einen Lektor mal drüber huschen lassen. Wäre sicher nicht die schlechteste Idee gewesen (oder hat der Meister mit Wattebällchenwurf gedroht?), dann könnte man gnädiger auf die halbschludrige Sprache und die halbhanebüchene Story schauen. Krausser hat schon bessere, wirklich große Bücher geschrieben, seine Fans werden »Geschehnisse während der Weltmeisterschaft« trotzdem verschlingen.
Helmut Krausser: Geschehnisse während der Weltmeisterschaft. Berlin-Verlag, München 2018, 240 Seiten, 20 Euro
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