Badiou in Dresden
Von Ralf Richter»›Versuch, die Jugend zu verderben‹ fehlt auf dem Büchertisch!« monierte ein älterer Herr. Viel Dresdner Jugend war an diesem Abend aber ohnehin nicht zu verderben. Studenten waren deutlich in der Minderheit. Sie besetzten eher schüchtern die hinteren Reihen des Saals in der Zentralbibliothek der Stadt. Zu Gast wo dort am Mittwoch der Philosoph Alain Badiou, 81jähriger Jugendfreund, glühender Kommunist.
»Die Linke gibt es im Grunde nicht mehr – alle Probleme werden heute aus der Sicht der Privilegierten betrachtet«, sagte Badiou. Darin herrsche Konsens über alle Parteigrenzen hinweg. Auch das Gerede von Europa sei genau besehen eine andere Art von Fremdenhass – Europa gegen den Rest der Welt.
Das Publikum forderte er zu dessen Erstaunen auf, in Flüchtlingen und Migranten »nomadisierende Proletarier« zu sehen. Mit dieser Perspektive fühle man sich besser, die meisten dieser Menschen seien übrigens in Indien und China anzutreffen. Auch in Europa wachse ihre Zahl. Intellektuelle sollten mit ihnen Bündnisse eingehen.
Am Ende dankte der Dresdner Unternehmer Jörg Polenz dem Franzosen für Denkanstöße und bat die Anwesenden, sich der »Gemeinwohl-Ökonomie« zuzuwenden.
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