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Aus: Ausgabe vom 16.11.2002, Seite 16 / Aktion

Nur in der jW möglich

Jetzt vernetzen! Heute: junge Welt und »Deutscher Herbst«-Aktivisten
Von Ilse Schwipper / Till Meyer

Till Meyer, Reporter der jW, ehemals Bewegung 2. Juni:

Aus und vorbei. Das ist Geschichte. Vorbei? Wirklich? Die RAF, der bewaffnete Kampf, der »deutsche Herbst« in der BRD vor 25 Jahren ist Geschichte. Aber vorbei? Heute, 26 Jahre nach ihrem Tod, schnippeln skrupellose Mediziner noch immer am Gehirn der RAF- Mitbegründerin Ulrike Meinhof herum, um zu beweisen: Widerstand und Rebellion sind pathologisch, der Kampf für eine andere, eine bessere, eine humane Gesellschaftsordnung kann nur Ausdruck von Krankheit sein. Verrückte eben. Alles soll entsorgt werden: Ab mit dem militanten Kampf der bundesdeutschen Stadtguerilla der 70er und 80er Jahre ins Feuilleton. Die Apologeten der Spaßgesellschaft verkünden das »Ende der Geschichte«. Es gehört zum Profil der jungen Welt, genau dem zu widersprechen. So wird in unserer Berichterstattung auch der bewaffnete Kampf der RAF, der Bewegung 2. Juni und der Revolutionären Zellen seinen historisch angemessenen Platz finden. Noch immer sitzen sechs Gefangene aus der RAF in bundesdeutschen Hochsicherheitsgefängnissen ein. Nach dem Willen der politisch Verantwortlichen, darunter nicht wenige, die seinerzeit dem bewaffneten Kampf die Daumen gedrückt haben, sollen die sechs so lange sitzen, bis die Betonkrätze sie aufgefressen hat. Für uns ist der Kampf um die Freilassung der RAF-Gefangenen ebenso Herzensangelegenheit wie die journalistische Begleitung von Prozessen gegen Antifaschisten und der Widerstand gegen die von der SPD-Grünen-Regierung erneut forcierte Aushöhlung und Abschaffung demokratischer Rechte. Jetzt vernetzen: Mit der jungen Welt gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg.



Ilse Schwipper, ehemalige politische Gefangene aus dem militanten Widerstand:

25 jahre deutscher herbst, das ist nicht nur erinnerung an die totale isolation und repression, vielmehr auch an den schock, als die nachricht vom tod der in stammheim inhaftierten RAF-gefangenen in die isolation einsickert. tränen und trauer, aber auch unsicherheit: mord oder doch eher die selbstbestimmung? bis heute sind da die geister geschieden in gegner und befürworter der mordthese. Im zuge der aufstandsbekämpfung, die seinerzeit westdeutsche innenpolitik war, war es durchaus denkbar. denkbar aber auch das zermürbtsein durch weisse folter (offizielle definition von ai für isolationshaft).

wer nun aber glaubte, daß der »deutsche herbst« der höhepunkt aller möglichen repression sei, der muss angesichts der heutigen bekämpfung von widerstand und bewaffneten befreiungsbewegungen ihr/sein urteil revidieren.

was seit dem 11.september 2001 an gesetzgebung und tatsächlich praktizierter bekämpfung von menschenrechtsverletzungen im namen der freiheit und sicherheit weltweit ins leben getreten ist, ist nur noch mit einem heissen krieg zu überbieten.

P.S.: stellungnahmen wie diese sind heutzutage nur in der jungen Welt möglich.


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