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Aus: Ausgabe vom 09.05.2018, Seite 3 / Schwerpunkt
Sachsen

Kommentar: Von Skandal zu Skandal

Von Volkmar Wölk

Eigentlich verbietet es sich, im Zusammenhang mit den Inlandsgeheimdiensten von Skandalen zu sprechen. Bei einem Skandal handelt es sich definitionsgemäß um ein Ereignis, das viele Menschen empört und Aufsehen erregt. Was als skandalös gilt, verletzt Werte und Normen, ist anstößig. Aber was gestern noch ein Skandal war, kann heute als normal gelten. Wiederholt sich skandalöses Verhalten oft genug, erregt es keine Öffentlichkeitswirksamkeit mehr. Es ist stets die Ausnahme von der Regel. Beim »Verfassungsschutz« dagegen gilt, dass dergleichen die Regel ist. Sachsen ist zwar ein gravierendes Beispiel dafür, aber eben nur eines.

Die – zumindest teilweise – gewollten inhaltlichen Mängel sind bekannt. Eine treffende Analyse des Ist-Zustandes ist kaum zu erwarten. Und die angestrebte Prognosefähigkeit ist weder zu erhoffen noch zu befürchten. Das ist nur teilweise auf die individuelle politische Ausrichtung des Personals zurückzuführen. Dieses orientiert sich brav an der herrschenden Totalitarismusdoktrin, ist also strukturell rechts. Die gesetzlich vorgegebene, aber unzureichende Kontrolle führt dazu, dass sich die Ämter leicht außerhalb von Recht und Gesetz sehen.

So wird ein Zustand erreicht, bei dem die Eklats Methode haben. Der »Sachsen-Sumpf«, laut einem einstigen Innenminister ein Komplex von »mafiösen Netzwerken«, beschäftigt bis heute die Justiz. In diesem Skandal ging der Fakt unter, dass der »Verfassungsschutz« illegal Material über die organisierte Kriminalität gesammelt hatte. Skandalös auch, dass der VS die Burschenschaften im Freistaat nicht beobachtet, trotz eindeutiger Indizien für Verstrickungen mit der Szene der extremen Rechten. Aber ein Burschenschafter wie der sächsische VS-Chef hackt dem anderen kein Auge aus. Ebenso empörend, dass ein Funktionär der AfD im Bereich Auswertung Extremismus tätig ist. Eigentlich. Aber wir befinden uns in Sachsen. Insofern ist auch dieser Skandal kein Skandal. Es ist das Zusammentreffen von Schlampigkeit, Konzeptionslosigkeit und Führungsschwäche. Also die Normalität.

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