Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 27.12.2018, Seite 10 / Feuilleton

Martens, Mensching

Von Jegor Jublimov

Unglaublich! Mitte der achtziger Jahre saß Westschauspieler Wolfgang Kieling seelenruhig im Studentenclub der Babelsberger Filmhochschule »Konrad Wolf« am Tresen und trank ein Bier. Irgendwas stimmte nicht mit ihm, wurde getuschelt: Er sieht ja aus wie dreißig Jahre zuvor in Konrad Wolfs zweitem Film »Genesung«! Des Rätsels Lösung: Dort saß nicht Kieling, sondern Florian Martens, Schauspielstudent der »Ernst Busch«-Schule. Erst zu seinem 18. Geburtstag, heute vor 42 Jahren, hatte ihn seine Mutter, die DDR-Schauspielerin Ingrid Rentsch, darüber aufgeklärt, dass Kieling sein leiblicher Vater war. Rentsch war durch die Titelrolle in der Fontane-Adaption »Corinna Schmidt« zu Bekanntheit gelangt, hatte Kieling als Kollegen in der Volksbühne kennengelernt und war seinem Charme erlegen.

Martens spielte in HFF-Filmen, debütierte im Fernsehen in Filmen der Reihe »Der Staatsanwalt hat das Wort« und bei der DEFA in der NVA-Komödie »Zum Teufel mit Harbolla«. An der Volksbühne trat er u. a. in Inszenierungen von Gert Hof und Frank Castorf auf. Nachdem er sich endgültig für die Arbeit vor der Kamera entschieden hatte, war er in unzähligen Fernseh- und Kinofilmen zu sehen. Dieter Wedel gab ihm in seinen Mehrteilern große Rollen, am markantesten wohl 1998 als Transvestit in »Der König von St. Pauli«, wo er auch eine Parodie auf Zarah Leander darbot. Fest im Bewusstsein ist der ehemalige Volkspolizist Otto Garber aus der ZDF-Reihe »Ein starkes Team«, den Martens seit 1994 in 77 Folgen mit Berliner Schnauze spielte. Zum heutigen 60. wünscht man ihm ein Rollenangebot für einen schönen Märchenfilm, in dem er sein komödiantisches Talent unter Beweis stellen kann.

Am selben Tag wie Martens und ebenfalls in Berlin kam einer zur Welt, der auch als Kulturwissenschaftler Kind bleiben wollte. Da wurde er Clown. Steffen Mensching war und ist aber noch viel mehr! Er begann beim Liedertheater Karls Enkel, dessen Name sich auf Karl Marx und Karl Valentin bezog, und zog ab Mitte der Achtziger als Meh vom Duo Wenzel & Mensching mit clowneskem Kabarett durchs Land. In dem DEFA-Film »In einem Atem« (1988) spielte neben Simone Thomalla die Hauptrolle, auch das Wenzel-&-Mensching-Kabarettstück »Letztes aus der Da Da eR« wurde bei der DEFA verfilmt. Es folgten Erfolge als Autor, etwa 2003 mit seinem Roman »Jacobs Leiter«. Mittlerweile ist Steffen Mensching in der elften Spielzeit Intendant des traditionsreichen Rudolstädter Theaters, an dem er auch selbst vieldiskutierte Inszenierungen vorgestellt hat. Zum Geburtstag ist ihm Erfolg für seinen gerade erschienenen Roman »Schermanns Augen« zu wünschen: die wahre, mühevoll recherchierte Geschichte des Krakauer Graphologen und Hellsehers Rafael Schermann, der in einem Gulag umkam. Zuweilen ist bereits von Menschings »Opus magnum« die Rede. Man überzeuge sich selbst.

Ähnliche:

Regio:

Mehr aus: Feuilleton