Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 01.02.2019, Seite 11 / Feuilleton
Theatertreffen

Egal hoch zehn

Rund drei Monate vor dem Berliner Theatertreffen wurde bekanntgegeben, welche zehn Inszenierungen als die »bemerkenswertesten« zur Leistungsschau der deutschsprachigen Bühnen eingeladen werden. Die Jury habe mehr als 400 Stücke gesehen, sagte Festivalleiterin Yvonne Büdenhölzer.

In den Top ten ist das Staatsschauspiel Dresden mit zwei Romanbearbeitungen vertreten: »Erniedrigte und Beleidigte« (Dostojewski) in der Regie Sebastian Hartmanns und »Das große Heft« (Regie: Ulrich Rasche). Ágota Kristófs Romanvorlage über zwei Jungs in Kriegszeiten sei »ein Buch voll sexueller Obsessionen, voll Gewalt. Ein sehr düsteres Buch«, sagte Jurymitglied Christian Rakow.

Weitere ausgewählte Produktionen sind »Dionysos Stadt« (Münchner Kammerspiele), »Hotel Strindberg« (Wiener Burgtheater), »Persona« (DT Berlin) und »Tartuffe oder das Schwein der Weisen« (Theater Basel).

Die freie Gruppe She She Pop, gegründet in den 90er Jahren am Gießener Institut für Angewandte Theaterwissenschaft, schaffte es mit »Oratorium« auf die Liste. Da gehe es um Privateigentum, sagte Jurorin Shirin Sojitrawalla. Der eigentliche Clou sei aber, dass das Publikum einbezogen werde. Es bekomme via Teleprompter Texte zum Aufsagen und könne sich in dem »vielstimmigen Theaterabend« bestimmten Gruppen zuordnen. Die Auflösung der Grenze zwischen Bühne und Publikum strich auch Büdenhölzer als State of the art hervor.

In formaler Hinsicht ist solches Mitmachtheater schwerlich als fortschrittlich zu bezeichnen. Und auch der politische Gehalt des so vollmundig herausgestellten »Oratoriums« ist alles andere als radikal. Im Kern geht es um Gewissensbisse von Wohnungskäufern, die angestammte Mieter aus Ballungsräumen verdrängen. So nahe das Stellen der Eigentumsfrage läge, so weit ist das Stück davon entfernt. Der Stand der Dinge im deutschen Theater ist damit gut auf den Punkt gebracht.

Und nur damit niemand denkt, die übrigen drei Inszenierungen könnten den Befund relativieren: Es geht da um ein »archaisches Horrorsetting« (»Das Internat«, Schauspiel Dortmund), eine Nebelmaschinenfabrik (»Girl From The Fog Machine Factory«, Koproduktion mehrerer großer Häuser) und den Roman »Unendlicher Spaß« von David Foster Wallace (ebenfalls Koproduktion). (jW)

Regio:

Mehr aus: Feuilleton