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Aus: Ausgabe vom 23.05.2019, Seite 3 / Schwerpunkt
Flüchtlingsdrama im Mittelmeer

Kandidat: Der Arzt von Lampedusa

Pietro Bartolo hat viele Tote gesehen. »Vielleicht zu viele«, sagt der 63jährige Italiener über seine Erfahrungen, die er als Arzt auf der italienischen Insel Lampedusa gemacht hat. Er tritt in Italien für die sozialdemokratische Partito Democratico bei der Europawahl an und hofft, von Brüssel und Strasbourg aus wirklich etwas verändern zu können – »Weil ich eine Welt will, die menschlicher ist, ein menschlicheres Europa.«

Sein Einzug ins Parlament würde bedeuten, Lampedusa den Rücken zu kehren. 30 Jahre lang arbeitete er dort als Mediziner und wurde an Europas Südgrenze Zeuge des Massensterbens im Mittelmeer. »Wenn man wie ich gezwungen ist, Dutzende (Tote) zu sehen. (…) Wenn man tote Kinder sieht, wenn man etwas Gewissen und etwas an Menschlichkeit hat ...« Bartolo hält inne. Wie er dieses Leid ertrage? Er habe viele Alpträume. Oft sagten ihm Menschen, er müsse doch gewöhnt daran sein, die vielen Opfer zu sehen. »Das stimmt nicht, mir geht es jedes Mal schlechter.«

Als Abgeordneter wolle er sich nicht nur dem Thema Flucht und Migration widmen, sondern auch gegen Waffenexporte und für Maßnahmen gegen den Klimawandel eintreten. Aber in Sachen Migration ist er eben Experte. Die Dublin-Regeln müssten reformiert werden, verlangt er und fordert legale Fluchtwege wie humanitäre Korridore. »Die NGO müssen verschwinden, die Militärschiffe müssen verschwinden, aber auch Pietro Bartolo muss verschwinden.« Denn für sie alle sollte es in Zukunft keine Notwendigkeit mehr geben. »Ich kann nicht immer der Arzt bleiben und jeden Tag dieselben Dinge sehen: Es muss ein Ende haben.« (dpa/jW)

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