Venezuela-Solidarität: Kampf für sozialistische Revolution
Das zweite Panel des Abends der Solidaritätsveranstaltung für Venezuela in der Berliner Urania begann mit Orhan Akman, Gewerkschafter in der Bundesverwaltung von Verdi und viele Jahre für die internationale Dienstleistungsgewerkschaft UNI-Global-Union in Kolumbien und Peru tätig. Er verwies auf die lange Tradition der Gewerkschaftssolidarität mit Nicaragua, um so trauriger sei die heutige Situation. Es sei an der Zeit, dass auch Gewerkschaften wieder an einer Veranstaltung wie dieser teilnehmen. Er richtete sich an Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), der im Vorfeld der EU-Parlamentswahl vor einem erstarkenden »Rechtsradikalismus« gewarnt und sich gleichzeitig mit dem Präsidenten Brasiliens, Jair Bolsonaro, einem »waschechten Faschisten«, getroffen hatte. Das sei unglaubwürdig, so Akman.
Es gelte die Souveränität mit Venezuela zu achten und zu respektieren. Akman zitierte die bolivarische Verfassung in Auszügen und verglich diese mit dem Grundgesetz der BRD. »Es gibt Dinge, von denen Deutschland etwas lernen kann.« So beinhaltet die Verfassung arbeitsrechtliche Verfügungen, die weit über das hinaus gehen, worauf sich deutsche Beschäftigte berufen könnten. Auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit findet dort ihren Ausdruck: Hausarbeit wird als gleichwertige Wirtschaftstätigkeit anerkannt und gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt.
Im Anschluss an die Rede des Gewerkschafters füllte sich die Bühne. André Scheer, Leiter im Ressort Außenpolitik der jungen Welt, rief den Vorsitzenden der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), Patrik Köbele, den Linken-Politiker Andrej Hunko und Gerhard Mertschenk vom Berliner Bündnis »Hände weg von Venezuela« zu sich auf das Podium.
Das Bündnis »Hände weg von Venezuela« vereint über 20 Organisationen und organisiert seit der Selbsternennung Juan Guaidós zum »Interimspräsidenten« jeden Samstag Kundgebungen vor der US-Botschaft am Brandenburger Tor in Berlin. Auf die Frage, woher die Motivation für so viel Engagement komme, antwortete Mertschenk, dass die Empörung über die völkerrechtswidrige US-Politik einfach zu groß gewesen sei. Insbesondere die im Bündnis aktiven Lateinamerikaner aus Chile, Argentinien oder Venezuela sähen große Parallelen zur Geschichte der US-Aggressionen und Putsche in ihren Ländern. Den Zweck der Kundgebungen und Aktionen des Bündnisses sieht Mertschenk dabei als einen doppelten: Einerseits nach Außen gerichtet, wobei es darauf ankomme, der venezolanischen Bevölkerung die Solidarität auszudrücken. Andererseits nach innen, zur Aufklärung gegen die Falschmeldungen. Zum Ende seines Beitrags lud Mertschenk zum großen Protestspaziergang am 15. Juni vor die US-Botschaft in Berlin ein. An diesem Tag soll nicht nur auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor, sondern auch vor anderen Botschaften, Banken sowie Medienhäusern demonstriert werden.
Auch die DKP reagierte nach der Selbsternennung Guaidós sofort, wie Patrik Köbele berichtete. Auf die Frage, warum seine Partei Venezuela unterstütze, obwohl es sich doch noch nicht um ein sozialistisches Land handele, stellte Köbele klar, dass es in dieser Frage nicht nur um Venezuela, sondern immer auch um Kuba gehe. In diesem Moment sei es ganz entscheidend, dass die internationale Solidarität politischen Druck ausübe, weshalb er auch die zuvor aufgekommene Forderung nach gewerkschaftlicher Solidarität unterstütze. Dabei sei klar, dass man den Weg zum Sozialismus nicht am Reißbrett mache. In Venezuela finde ein täglicher Klassenkampf statt, aus dem sich die sozialistische Revolution entwickeln müsse. Die Kapitalistenklasse, deren Vertreter Guaidó sei, müsse endgültig entmachtet werden.
Zwischendurch richtete Scheer einen Gruß an die Kollegen vom lateinamerikanischen Nachrichtensender TeleSur, über den die Veranstaltung in einem Livestream verfolgt und auf spanisch nachgelesen werden konnte.
Andrej Hunko berichtete von seinem Besuch auf dem von Heiko Maas einberufenen Gipfel in Berlin: Alle Außenminister Lateinamerikas und der Karibik waren eingeladen, mit einer Ausnahme: Jorge Arreaza, venezolanischer Außenminister. Die Rede habe ihm »noch einmal die Schuhe ausgezogen«. Maas habe von seiner Reise nach Lateinamerika als einer Reise zu Freunden gesprochen. Er bezeichnete Bolsonaro demnach als Freund, was »wirklich unerträglich« sei, wie Hunko fand. Auffallend sei die starke Präsenz der deutschen Wirtschaft auf dem Treffen mit Maas gewesen, Hauptredner sei eben nicht der Außenminister sondern Joe Kaeser von Siemens gewesen. Thema war die Notwendigkeit einer starken Beteiligung der deutschen Wirtschaft in Lateinamerika vor allem in Konkurrenz zu China.
Hunko erinnerte aber auch daran, dass Norwegen derzeit als Vermittler von diplomatischen Gesprächen versuche, auf die Situation in Venezuela positiv einzuwirken. Der Außenminister Venezuelas Arreaza sei derzeit auch dort. »Ich würde mir wünschen, dass die deutsche Außenpolitik eine Rolle wie Norwegen einnehmen würde«, sagte Hunko.
Der Linken-Politiker erzählte daraufhin kurz von seinem Besuch in Venezuela vor kurzem. Bei einigen Medien hätte sein Treffen mit Maduro »Schnappatmung« ausgelöst, dabei habe er auch Guaido getroffen. Gleichzeitig habe Hunko noch nie so viel Zustimmung aus der Bevölkerung erhalten, wie nach der Rückkehr aus Venezuela. Die Linken-Fraktion und Partei hätten im übrigen hinter ihm gestanden. (jW)
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