Hintergrund: Problem Bestechung
Die Regierungskrise in Peru ist noch lange nicht vorbei. Anfang Oktober waren im ganzen Land Tausende auf die Straße gegangen, um sich gegen das korrupte Parlament zu stellen, das Präsident Martín Vizcarra von der Mitte-rechts-Partei »Peruanos por el Kambio« (»Peruaner für den Wandel«, PPK) am 30. September aufgelöst hatte. Statt dies zu akzeptieren, erklärten die in ihrer Mehrheit oppositionellen Abgeordneten Vizcarra für abgesetzt und dessen Stellvertreterin Mercedes Aráoz von der PPK zur »Interimspräsidentin«. Die linken Bündnisse »Nuevo Perú« und »Frente Amplio« stellten sich – ebenso wie die große Mehrheit der Bevölkerung – hinter Vizcarra.
Direkter Auslöser des Konflikts war die Wahl des Richters Gonzalo Ortiz de Zevallos zum Mitglied des Verfassungsgerichts, dem Parteilichkeit vorgeworfen wird. Es wird angenommen, dass sich Ortiz de Zevallos für eine Reduzierung der Gefängnisstrafe der inhaftierten Keiko Fujimori einsetzen würde. Keiko ist die Tochter des ehemaligen Diktators Alberto Fujimori und Vorsitzende der Partei »Fuerza Popular«. Bei der Präsidentschaftswahl 2016 verlor sie nur knapp, im Parlament stellt ihre Partei die absolute Mehrheit. Die Politikerin wurde 2018 zu drei Jahren Gefängnis wegen Geldwäsche im »Fall Odebrecht« verurteilt.
Der brasilianische Baukonzern Odebrecht hatte in den vergangenen Jahren in mehreren Ländern Lateinamerikas Politiker mit Schmiergeldern in Höhe von über 700 Millionen Euro bestochen. Auch die Partei von Vizcarra ist involviert, er selbst kam erst ins Präsidentenamt, nachdem sein Parteikollege Pablo Kuczynski im März 2018 wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten war. Damit kam Kuzcynski einem Amtsenthebungsverfahren zuvor. Ein erstes solches hatte er im Dezember 2017 überstanden, wobei sich die Gerüchte, er hätte sich sein politisches Überleben mit der Begnadigung Alberto Fujimoris erkauft, hartnäckig halten. Die Begnadigung wurde mittlerweile vom Verfassungsgericht für ungültig erklärt, weshalb Fujimori auch weiterhin in Haft sitzt. Er war wegen Menschenrechtsverletzungen, Ermordung von und Gewalt gegen Oppositionelle und Zwangssterilisation von Zehntausenden Indigenen verurteilt worden.
Nur einen Tag nach ihrer Ernennung zur »Interimspräsidentin« erklärte Aráoz ihren Rücktritt. Auch die Proteste haben mittlerweile ausgesetzt, und Vizcarra scheint gestärkt aus der Episode hervorgegangen zu sein. Zwar kann er auf Umfragewerte von rund 80 Prozent Unterstützung bei der Bevölkerung setzen. Die nächste Runde im Machtkampf zwischen Präsident und Parlament steht jedoch schon bald an: Am 29. Oktober entscheidet das Verfassungsgericht, ob es eine Klage gegen Vizcarra wegen der Auflösung des Kongresses zulässt. (cn)
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vom 22.10.2019