Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 23.03.2020, Seite 3 / Schwerpunkt
AfD

Hintergrund: »In der Mitte der Partei«

Es war Alexander Gauland, der Björn Höcke »in der Mitte der Partei« verortete. Genüsslich zitierte am 12. März der oberste Verfassungsschützer Thomas Haldenwang auf der Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Beobachtung des »Flügels« die Aussage des Spiritus rector der Partei anlässlich der Frage, welche Bedeutung Höcke und der »Flügel« für die Gesamtpartei hätten. Gauland war der Schutzpatron des »Flügels« und sorgte dafür, dass dessen Inhalte zentral und bestimmend für die Gesamtpartei wurden. Schließlich war Gauland einer der Erstunterzeichner der »Erfurter Erklärung«, quasi des Gründungsdokuments der AfD-Strömung. Jahr für Jahr pilgerte er zum Kyffhäuser, um dem »Flügel« seine Aufwartung zu machen.

Die Entwicklung der AfD in den vergangenen vier Jahren ist maßgeblich von der völkischen Rechten beeinflusst worden. Inhaltlich hat sie die Partei auf völkischen Nationalismus, Verachtung des Parlamentarismus, Geschichtsrevisionismus und Antipluralismus getrimmt, ohne dabei alle Teile der AfD auf diese Linie bringen zu können. Geschafft hat sie es jedoch, die innerparteilichen Kritiker dieser Inhalte weitgehend in die Defensive und zum Verstummen zu bringen. Das hat etwas mit ihrer relativen ideologischen Geschlossenheit, ihrer organisatorischen Stärke und dem wahlpolitischen Erfolg in den von ihr dominierten Landesverbänden zu tun.

Wollte man die Macht der Völkischen in der AfD brechen, müsste man die Anhänger des »Flügels« – wenigstens ein Fünftel der Mitglieder der Gesamtpartei – zum Austritt auffordern und die Protagonisten ausschließen. Das wäre aber so, als wenn der Schwanz den Hund abstoßen würde. Denn anders als es Parteichef Jörg Meuthen und andere Kritiker darstellen, sind die »Flügel«-Anhänger eben nicht eine krasse Minderheit in der AfD. Das BfV taxiert die direkten Anhänger dieser Richtung auf zirka 7.000 und richtet sich dabei nach der Selbsteinschätzung der Partei. Der Einfluss des »Flügels« geht aber deutlich über diese Zahl hinaus, wie man an den Ergebnissen der Vorstandswahlen beim letzten Bundesparteitag sehen konnte. Trotz eindeutiger Vergangenheit im Umfeld von Naziorganisationen wurde Andreas Kalbitz in den Vorstand gewählt. Und umgekehrt wurden die öffentlichen Kritiker des »Flügels« mehrheitlich nicht mehr in den Bundesvorstand gewählt.

Ohne Zweifel wäre die formale Auflösung des »Flügels« eine temporäre organisatorische Schwächung dieser Richtung. Aber sie ist vor allem symbolisch, denn über die Landes- und Bundesvorstände sind die Protagonisten nach wie vor einflussreich und vernetzt in der Partei. Letztlich zeigt der Beschluss, dass Personen wie Kalbitz und Höcke inzwischen unangreifbar geworden sind, weil ihr Rausschmiss den ganzen Laden in den Abgrund reißen könnte. Damit sind sie systemrelevant für die AfD. (gw)

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