Musterantwort an Hohenzollern
In Berlin ersetzt ein Hohenzollern-Schloss den Palast der Republik, und die Nachfahren der preußischen Adelssippe haben die Zeichen der Zeit erkannt. Der Ururenkel des letzten Kaisers kämpft seit Jahren um Entschädigungen für beschlagnahmte Anwesen, diesbezügliche Wohnrechte sowie die Herausgabe Tausender Einrichtungsgegenstände; die Vergleichsverhandlungen mit dem Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg stocken. Hilfreich ist in dem Zusammenhang ein Blick auf den Umgang mit solchen Ansprüchen in den Niederlanden. Dort sah sich besagter Ururenkel 2014 »leider gezwungen, einen formellen Anspruch auf den Besitz von Haus Doorn, das dazugehörige Inventar und das umliegende Gut sowie zwei dazugehörige Bauernhöfe zu erheben«, wie der aktuelle Spiegel aus einem Schreiben der Kanzlei des Preußen-Prinzen zitiert. Das prächtige Anwesen um Haus Doorn war der Exilsitz des letzten Kaisers Wilhelm II., hier phantasierte er über Morde an Juden (»Das Beste wäre Gas«), begeisterte er sich für Adolf Hitler. Nach dem Krieg wurde es von den Niederlanden als »Feindvermögen« beschlagnahmt. Als 2014 weltweit des Ersten Weltkriegs gedacht wurde, reichten die Hohenzollern ihre Rückgabeforderung ein, drohten mit Klage. Im Mai 2015 beschied die damalige Kulturministerin Jet Bussemaker den Anwälten: »Nach Abstimmung mit den betroffenen Ministerien kann ich Ihnen berichten, dass es nach Auffassung des Staates keinen Grund gibt, der Forderung Ihres Mandanten nachzukommen.« Der Briefwechsel war unter Verschluss, ein Geschichtsstudent hat nun erfolgreich die Herausgabe beantragt. Basis der schönen Antwort des Nachbarstaates war die Tatsache, dass Wilhelm II. kein Opfer der Nazis war. Nach deutscher Rechtslage muss den Hohenzollern bewiesen werden, dass sie dem Faschismus »erheblichen Vorschub« leisteten. Auch das sollte machbar sein, aber Bund und Länder wollen es nicht drauf ankommen lassen. (xre)
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