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Aus: Ausgabe vom 22.12.2021, Seite 3 / Schwerpunkt
Film

Hintergrund: Die Realität befragen

Srdan Golubovics Film »Vater – Otac« erzählt von der individuellen Auflehnung gegen das kollektive Elend
Von Roland Zschächner

Ist Serbien ein guter Ort zum Leben? Nein, meint der in Belgrad lebende und lehrende Regisseur Srdan Golubovic. Denn das Land wird von den Regierenden ausverkauft und auf diesem Wege quasi zur Kolonie. Doch der periphere und ausgebeutete Status hält jede Menge Stoff bereit, um in Filmen verarbeitet zu werden. So wie in »Vater – Otac«, der jüngsten Regiearbeit von Golubovic, die auf einer wahren Geschichte beruht.

In langen Einstellungen und mit wenigen Worten wird das Drama um Nikola erzählt. Der hat vor Jahren seinen Job verloren und muss sich als Tagelöhner durchschlagen. Als seine Frau die noch immer ausstehende Abfindung ihres Mannes einfordert und sich dafür selbst in Brand setzt, entzieht das Sozialamt den Eltern die Kinder. Der Hintergrund ist Korruption in der Behörde. Denn der Amtschef bekommt von den jeweiligen Pflegefamilien einen Anteil der staatlichen Hilfszahlungen.

Nikola will das nicht hinnehmen. Er legt den Weg zum mehr als 300 Kilometer entfernten Belgrad zu Fuß zurück, um sein Anliegen dem Minister persönlich vorzutragen. Auf dieser Wanderung zeigt Golubovic, wie es um Serbien bestellt ist: Fabriken sind geschlossen, Städte verfallen, jeder ist sich selbst der Nächste – doch immer wieder scheint auch Solidarität auf. Und auch Nikola erhält, sobald er sich nicht mehr unterkriegen lässt, seine Würde zurück.

»Vater – Otac« ist realistisches Kino und zeigt das Leben ungeschminkt. Das hat Golubovic von den Regierenden und deren Anhängern viel Kritik eingebracht. Doch es gab auch Anerkennung. Bei der Berlinale 2020 erhielt »Vater – Otac« gleich zwei Auszeichnungen: den Panorama-Publikumspreis und den Preis der ökumenischen Jury.

Es ist nicht das erste Werk von Golubovic, das international Erfolg hat. »Absolute 100« (2001), »Klopka« (2007) und »Circles« (2013) wurden auf diversen Festivals mehrfach ausgezeichnet. Immer wieder rückt der Regisseur in seinen Filmen historische Themen und politische Probleme in den Mittelpunkt. Dabei werden seine Protagonisten vor Probleme gestellt, die ihnen durch die gesellschaftlichen Verhältnisse aufgezwungen sind. Und in »Otac« wird noch etwas deutlich: Kapitalismus kann es nicht ohne Armut geben. Sich dagegen zu erheben, gibt Hoffnung für eine neue Gesellschaft.

»Vater – Otac«, Regie: Srdan Golubovic, SRB/F/BRD 2020, 120 Min

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