Revison im Fretterode-Prozess angekündigt
Mühlhausen. Gegen das Urteil im Fretterode-Prozess werden Staatsanwaltschaft und Nebenkläger Revision einlegen. Das berichtete die taz am Freitag nachmittag. »Wir wollen das Urteil vom Bundesgerichtshof rechtlich überprüfen lassen«, sagte Staatsanwalt Benedikt Ballhausen der taz. Anders als das Gericht ziehe man die Glaubwürdigkeit der angegriffenen Nebenkläger nicht in Zweifel. Auch habe das Gericht die politische Motivation der Angreifer »nicht hinreichend berücksichtigt«. Weiter zitiert das Blatt den Anwalt eines der angegriffenen Journalisten, Sven Adam, der von einem »unfassbaren und lächerlichen Urteil« sprach. Noch befinde man sich in Gesprächen und rechtlicher Prüfung. Das Ziel aber sei klar, so Adam: »Wir wollen uns der Revision der Staatsanwaltschaft anschließen.«
Am Donnerstag hatte das Landgericht Mühlhausen zwei Neonazis zu äußerst milden Strafen für einen brutalen Angriff auf zwei Journalisten im Jahr 2018 im Thüringer Fretterode verurteilt. Das Strafmaß blieb deutlich niedriger, als von der Anklage gefordert. Bei dem Übergriff 2018 in der Region Fretterode waren zwei Journalisten aus Göttingen schwer verletzt worden. Die Vorsitzende Richterin sagte am Donnerstag bei der Urteilsbegründung, die Kammer habe nicht feststellen können, dass es sich bei der Tat um einen gezielten Angriff auf Journalisten gehandelt habe. Der jüngere der beiden Männer wurde zum Ableisten von 200 Arbeitsstunden verurteilt, der ältere Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die auf Bewährung ausgesetzt wurde.
Im Zuge der Hauptverhandlung habe sich nicht klar ergeben, dass die Angeklagten die beiden Angegriffenen als Pressevertreter erkannt hätten. Vielmehr gehe die Kammer davon aus, dass die Angeklagten die Journalisten als Angehörige der linken Szene identifiziert hätten, sagte die Vorsitzende Richterin. Dafür spreche unter anderem, dass die Angeklagten die Angegriffenen während des Übergriffs als »Zecken« bezeichnet hätten.
Die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Journalisten Verbandes Thüringen, Heidje Beutel, hatte erklärt, sie befürchte durch das Urteil »eine Signalwirkung in die völlig falsche Richtung«. »Die Tat von Fretterode war nicht nur ein Angriff auf die Journalisten, sondern ein gezielter Einschüchterungsversuch mit dem Ziel, Berichterstattung zu unterbinden.« Der Prozess hatte im September 2021 begonnen. (dpa/jW)
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