Durch die teure Brille
Der neue »Parsifal« hat bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele am Dienstag abend für Begeisterung beim Publikum gesorgt. Die galt in erster Linie der Musik und zwei Einspringern. Andreas Schager hatte die Titelpartie erst zwei Wochen vor der Premiere von Joseph Calleja übernommen, der wegen einer hartnäckigen Infektion im Halsbereich ausfiel. Noch mehr gefeiert wurde aber die lettische Mezzosopranistin Elina Garanca bei ihrem Bayreuth-Debüt für ihre Darstellung der Kundry. Auch sie hatte die Rolle sehr kurzfristig übernommen, weil die russische Sängerin Jekaterina Sementschuk ihre Teilnahme an den Festspielen »aus privaten Gründen« abgesagt hatte.
Auch Dirigent Pablo Heras-Casado wurde für seine relativ zügige Interpretation gefeiert. Anders erging es, wie gewohnt, der Regie. Der US-Amerikaner Jay Scheib und sein Team hatten »Parsifal« in einer Augmented-Reality-Version auf die Bühne gebracht, die allerdings nur ein Bruchteil des Publikums komplett zu Gesicht bekam. Denn nur 330 der rund 2.000 Zuschauer konnten die virtuellen Elemente, die das Bühnengeschehen ergänzen, mit einer speziellen, rund 1.000 US-Dollar teuren Brille überhaupt sehen. Die Festspiele hatten aus Kostengründen nicht mehr davon angeschafft. Wer eine solche Brille ergattert hatte, konnte beispielsweise im ersten Akt, bei Parsifals erstem Auftritt, einen erschossenen Schwan sehen, in Klingsors Garten im zweiten Aufzug wuchsen virtuelle Blumen, und am Ende desselben brachen die Mauern des Festspielhauses in sich zusammen. (dpa/jW)
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