Abos sind die beste Verteidigung
Von Verlag und RedaktionGanz überraschend kommt das nicht: Die relative Stabilisierung der jungen Welt paßt manchen Zeitgenossen nicht. Jedenfalls fällt auf, daß wir zur Zeit wieder massiv mit Prozessen überzogen werden. Prozesse, die nicht nur Verlag und Redaktion der Tageszeitung junge Welt Probleme bereiten, sondern mit denen auch journalistische Rechte und solche auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt werden sollen. Für uns bedeuten Prozesse zudem nicht nur finanzielle Schwierigkeiten, sondern sie kosten uns auch enorm viel Zeit, die uns dann aufgrund knapper personeller Ressourcen an anderer Stelle fehlt. Zum Beispiel bei der Relaunch-Vorbereitung. Dabei reicht die Kraft auch so kaum, um täglich eine vernünftige Zeitung zu erstellen. Damit Sie auch diese Arbeitsbedingungen kennen, skizzieren wir Ihnen drei dieser Prozesse.
1. Der Fall Ziegenhals: Ein Käufer kauft die Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals bei Berlin. Er will die Gedenkstätte abreißen lassen und das Seegrundstück in Stadtnähe neu bebauen. Wir berichten über diesen Vorgang und führen ein Interview mit dem Vorsitzenden des Vereins, der dort seit Jahren die Gedenkstätte betreut. Der Käufer beantragt über seinen Anwalt eine einstweilige Verfügung, in der er Unterlassung in sieben Punkten einfordert. Zwei davon lehnt das Gericht von vorneherein ab (»zulässige Meinungsäußerung«), fünf allerdings kommen vorläufig und ohne mündliche Verhandlung durch. Die Hauptverhandlung steht noch an. (Streitwert: 17 500 Euro). Parallel dazu schiebt er ein weiteres Verfahren an: Er will der jungen Welt generell untersagen lassen, seinen Namen in der Zeitung zu nennen. Der Öffentlichkeit soll also verborgen bleiben, wer hier offensiv die Zerstörung einer historischen Gedenkstätte anstrebt. Verhandlungstermin vor dem Landgericht Berlin ist der 22. Juli (Streitwert: ca. 10 000 Euro).
2. Der Fall Bundeswehr auf der Buchmesse: Gegen die Präsenz der Bundeswehr auf der Buchmesse in Leipzig – mitten im Kinder- und Jugendbuchbereich – protestieren im März 1 208 Autoren, Verleger, Buchhändler und Messebesucher per Unterschrift. Am Samstag, den 27. März wollen Vertreter der genannten Gruppen vor dem Stand der Bundeswehr – wie im Jahr zuvor – diesen Protest vortragen. Der Geschäftsführer der jungen Welt, Dietmar Koschmieder, soll in ihrem Auftrag die Protesterklärung verlesen. Dazu kommt es allerdings nicht: Ihm wird das Megaphon aus der Hand gerissen, er wird an Händen und Füßen gefesselt und aus der Messehalle geschleift – das alles an einem Ort, an dem der Freiheit des Wortes angeblich besonders große Bedeutung beigemessen wird. Jetzt wird gegen ihn ermittelt: Widerstand, Hausfriedensbruch, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Körperverletzung lauten die »Tatvorwürfe«. Zeugen des Vorfalls werden gebeten, sich beim Verlag zu melden.
3. Der Fall WAZ: Auch hier geht es um ein jW-Interview. Seit sich die Familie Dichand (Verleger der mit Abstand größten Zeitung Österreichs, der Kronenzeitung) die Anteile an der Kronenzeitung je zur Hälfte mit dem Essener WAZ-Konzern teilt, hören die Streitigkeiten zwischen den beiden Parteien nicht auf. Wir interviewen Michael Dichand dazu. Dem WAZ-Konzern und Bodo Hombach (ehemaliger Kanzleramtsminister und Sonderbeauftragter der EU für den Balkan, heute WAZ-Geschäftsführer) passen manche Aussagen Dichands nicht. Sie erwirken in zwei Verfahren in insgesamt 13 Punkten einstweilige Verfügungen – gegen die junge Welt (weitere beantragte Punkte weist das Gericht zurück). Das Hauptsacheverfahren steht noch aus (Streitwert zusammengenommen 210000 Euro).
Um diese und andere Angriffe zu überstehen, brauchen wir eine stabile ökonomische Grundlage. Spenden für unseren Prozeßkostenfonds sind gerne gesehen. Wichtig ist aber auch das Signal: So kann man die nicht kleinkriegen, sondern trägt zur Stärkung der Tageszeitung junge Welt bei: Denn jW-Leser reagieren mit vielen, vielen neuen Abos. Denn Abos sind die beste Verteidigung.
Prozeßkostenfonds:
Postbank, BLZ 100 100 10, Kontonr. 69 56 82 100, Stichwort: Erste Hilfe
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!