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Aus: Ausgabe vom 14.05.2024, Seite 7 / Ausland
Spanien

Rückschlag für Unabhängigkeit

Katalonien: Während die Sozialdemokraten die Wahle gewinnen, legen rechte Parteien zu
Von Carmela Negrete
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Nicht bei allen Katalanen beliebt: Demoliertes Wahlplakat der extrem rechten Aliança Catalana (Barcelona, 5.5.2024)

Sie waren die Gewinner des Abends: Bei den Regionalwahlen im spanischen Katalonien am Sonntag ist die Schwesterpartei der regierenden Sozialdemokraten von Premier Sánchez, die Partit dels Socialistes de Catalunya (PSC), stärkste Kraft geworden. Sie gewann mit 42 Sitzen neun mehr als bei den vergangenen Wahlen im Jahr 2021. Gleichzeitig verloren die Parteien, die eine Unabhängigkeit der Region von Spanien fordern, zum ersten Mal seit den 1980er Jahren die Mehrheit im Parlament. Der Spitzenkandidat der PSC, Salvador Illa, setzte im Wahlkampf auf Abschottung gegen Einwanderer. Ende Januar hatte er in einem Interview mit der Tageszeitung El Nacional postuliert: »Wir können nicht sagen, dass alle hierherkommen können.«

Zweitstärkste Kraft wurde die rechtsliberale, die Unabhängigkeit befürwortende Partei Junts. Sie führte ihren Wahlkampf vor allem von ihrem Wahlhauptquartier in Südfrankreich aus, denn Politiker der Partei, wie der ehemalige Regionalpräsident Carles Puigdemont, leben noch immer im Exil. Die spanische Regierung hatte im März zwar ein Amnestiegesetz für Beteiligte des Unabhängigkeitsreferendums von 2017 beschlossen, es tritt jedoch erst Ende Mai in Kraft. Bis dahin droht den Politikern in Spanien die Verhaftung. Da die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit verfehlt haben, kündigte Puigdemont am Montag selbstbewusst an, erneut katalanischer Präsident werden zu wollen. Dabei dachte er wohl an eine Minderheitsregierung mit den republikanischen sozialdemokratischen katalanischen Linken (ERC) und der Candidatura d’Unitat Popular (CUP).

Doch die ERC verlor bei der Wahl auf einen Schlag 13 Sitze und erteilte dem Ansinnen Puigdemonts prompt eine Absage. Ihr Chef und bisheriger Präsident Kataloniens, Pere Aragonès, trat am Montag von allen Funktionen zurück. Außerdem kündigte er an, dass die Partei in die Opposition gehen und sich keiner Regierungskoalition anschließen werde. Die Opposition sei »der Platz, den uns die Bürgerinnen und Bürger zugewiesen haben«.

Die Regionalwahlen haben ein weiteres Phänomen offenbart: Nicht nur haben auch die linken Comuns Sumar zwei Sitze verloren – sie haben nun lediglich 6 Sitze im Parlament –, sondern auch eine zweite extrem rechte Partei kann in das Abgeordnetenhaus einziehen. Nach den spanischen Ultras von Vox mit elf Abgeordneten konnte die Aliança Catalana 3,7 Prozent der Wählerstimmen und damit zwei Sitze erringen. Ähnlich wie Vox hat sie ein xenophobes Programm. Doch in einem Punkt unterscheiden sich die beiden rechten Parteien: Während Vox sich gegen die Unabhängigkeit der nordspanischen Region positionierte, ist Aliança Catalana die erste Partei, die extrem rechts ist und gleichzeitig für die Abspaltung der Region eintritt.

Gegründet wurde sie 2020 von Parteichefin Sílvia Orriols. Sie ist seit vergangenem Jahr Bürgermeisterin von Ripoll, einer Stadt im Norden Kataloniens. Die Aliança Catalana machte Stimmung speziell gegen die Einwanderung von Muslimen und schürte Ängste, dass Katalonien zukünftig nach dem Gesetz der Scharia regiert werden könnte. Bisher scheint unwahrscheinlich, dass andere Parteien mit ihr kooperieren werden. Die Partei ist mit der Vox verfeindet, vertritt viele gegensätzliche Positionen zur linken Prounabhängigkeitspartei CUP und auch Junts hat bereits erklärt, nicht mit der AC zusammenarbeiten zu wollen.

Bis zum 10. Juni muss sich das Regionalparlament nun konstituieren. Zehn Tage später muss ein Kandidat für das Präsidentenamt vorgeschlagen und bis Ende Juni vereidigt werden. Eine Wiederholung der Wahl würde der konservativen spanischen Rechten von der Volkspartei Partido Popular noch weiter entgegenkommen, wird befürchtet. Die Partei erreichte am Sonntag mit 15 Sitzen zwar nur Platz vier. Doch im Vergleich zu den vergangenen Wahlen legte sie um 12 Sitze zu. Damit erlebt Katalonien einen deutlichen Rechtsruck.

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