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Aus: Ausgabe vom 20.06.2024, Seite 1 / Titel
Nahostkonflikt

Angriffsplan beschlossen

Israelische Armee genehmigt Vorbereitungen auf Offensive in Libanon. Hisbollah veröffentlicht Drohnenaufnahmen israelischer Militäranlagen
Von Wiebke Diehl
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Durch israelische Luftangriffe zerstörtes Gebäude im Süden Libanons (Wadi Dschilo, 6.6.2024)

Die Gefahr einer weiteren hochgefährlichen Eskalation zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah wächst rasant: Während der US-Gesandte Amos Hochstein versucht, eine Waffenruhe an der Nordgrenze Israels zu vermitteln, genehmigten am Dienstag abend hochrangige Kommandeure der israelischen Armee »operative Pläne für eine Offensive im Libanon«. Außenminister Israel Katz drohte auf der Plattform X mit einem »totalen Krieg«, in dem die Hisbollah »zerstört und der Libanon schwer getroffen« werde. Man stehe »kurz vor dem Moment der Entscheidung, die Regeln gegen die Hisbollah und den Libanon zu ändern«. Auch der ehemalige Minister im israelischen Kriegskabinett, Benjamin Gantz, hatte Hochstein die Warnung, die Zeit für eine diplomatische Lösung laufe aus, nach Beirut mitgegeben.

Zuvor hatte die Hisbollah von Aufklärungsdrohnen aufgezeichnete Videoaufnahmen mit einer Länge von neuneinhalb Minuten veröffentlicht. Zu sehen sind sensible Ziele mitten im Norden Israels, darunter der Hafen von Haifa inklusive eines Marinehauptquartiers sowie eines Militärkomplexes, in dem U-Boote und Kriegsschiffe stationiert sind. Ausgespäht wurden außerdem Gebäude des israelischen Rüstungskonzerns Rafael, in denen Flugabwehrraketen für die Systeme »Iron Dome« und »David’s Sling« hergestellt, montiert und gelagert werden sowie das neue Terminal im Hafen von Haifa. Auch Nahaufnahmen der 26 Kilometer von der libanesischen Grenze entfernten Siedlung Kiryot sowie von israelischen Ölraffinerien, petrochemischen Anlagen und Kraftwerken sind darunter.

Die Botschaft ist klar: All dies könnten potentielle Ziele sein, sollte die israelische Armee tatsächlich in den Libanon einmarschieren. Dass die Aufklärungsdrohnen offenbar unentdeckt bis ins Landesinnere vordringen und wieder in den Libanon zurückkehren konnten, bestätigt die Einschätzung von Experten, dass die systematischen Angriffe der Hisbollah auf israelische Überwachungsanlagen die Verteidigungsfähigkeit Israels erheblich beschädigt haben. Für Tel Aviv ist der Vorfall weit mehr als ein Gesichtsverlust.

Man wolle keine zweite Front sehen, erklärte am Mittwoch der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby. Berichten israelischer Medien zufolge bestätigte Hochstein nach seiner Rückkehr aus dem Libanon die bereits zuvor in der US-Regierung vorherrschende Überzeugung, eine Entspannung an der Nordgrenze sei nur durch einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen.

Entgegen den US-amerikanischen Deeskalationsbemühungen und den Warnungen hochrangiger israelischer Offiziere, die Armee könne einem umfassenden Krieg gegen die Hisbollah nicht standhalten, trug Tel Aviv auch am Mittwoch dazu bei, dass die Scharmützel außer Kontrolle zu geraten drohen: Bei israelischen Angriffen im Südlibanon kamen am Mittwoch morgen mindestens drei Mitglieder der Hisbollah ums Leben. Für Mittwoch abend hatte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah anlässlich der Trauerfeier für einen vergangene Woche getöteten Kommandanten eine Rede angekündigt. Auch im Jemen zeichnet sich eine weitere Eskalation ab: Nach Angaben der britischen Schiffahrtsbehörde UKMTO sank eine Woche nach einem Angriff der Ansarollah (»Huthis«) im Golf von Aden das Handelsschiff »Tutor«. Es wäre der zweite von den Ansarollah versenkte Frachter. Wie die Hisbollah fordern auch diese ein Ende des Gazakriegs.

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