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Aus: Ausgabe vom 26.06.2024, Seite 15 / Antifaschismus
EU-Wahl in Spanien

Spanischer Möchtegern-Bukele

Wählergruppe »SALF« mit Antisystemrhetorik holt aus dem Stand über vier Prozent bei EU-Wahl
Von Carmela Negrete
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Luis Pérez Fernández alias »Alvise« am Wahlabend in Madrid (9.6.2024)

Die politische Formation »Se acabó la fiesta« (Die Party ist vorbei) ist keine Partei, hat keine offiziellen Mitglieder und kein Programm. Trotzdem stimmten bei der EU-Wahl am 9. Juni über 800.000 spanische Wähler für die Plattform des 43jährigen Luis Pérez Fernández, besser bekannt als Alvise. Das sind immerhin 4,59 Prozent der Gesamtstimmen. Die Wählervereinigung, deren Logo ein Eichhörnchen mit Guy-Fawkes-Maske ist, entsendet damit drei Abgeordnete ins EU-Parlament nach Brüssel. Alvise Pérez hatte seinen Anhängern den »größten Wahlstreich der Geschichte gegen die kriminelle Parteiherrschaft« versprochen. Mit einer »Armee von Eichhörnchen oder Informanten« will er an geheime Verträge und Informationen gelangen, erklärte er gegenüber der Tageszeitung El País. Bisher ist seine Plattform allerdings eher für die Verbreitung von Fake News und Verschwörungstheorien bekannt. Seine Wählervereinigung hat wie Trump in den USA die Wahlergebnisse angezweifelt und behauptet, in Wahrheit mehr als zwei Millionen Stimmen geholt zu haben.

Am Wahlabend zeigte Pérez – ganz anders, als der Name seiner Gruppe suggeriert – dass die Party für ihn und seine Abgeordneten jetzt erst losgeht: Ausgelassen feierte er und verlas eine Botschaft an Ministerpräsidenten Pedro Sánchez (PSOE): »Pedro, mach dich bereit, du wirst rausgeschickt.« Der Sozialdemokrat solle sich »im Kofferraum« verstecken, denn »wir werden dich ins Gefängnis stecken«. Solche verbalen Attacken gegen den Regierungschef sind mittlerweile nicht nur in den sozialen Netzwerken üblich geworden. Regelmäßig wird von rechten Demonstrationen vor der PSOE-Zentrale in Madrid berichtet. Einer der beliebtesten Slogans: »Pedro Sánchez, du Hurensohn«. An mindestens einer solchen Demonstration, bei der auch die franquistische Hymne angestimmt wurde, nahm Pérez im November letztes Jahres teil und postete danach ein Video, gemeinsam mit Daniel Esteve, dem Chef einer Firma namens Desokupa. Die ist dafür berüchtigt, Zwangsräumungen durchzuführen.

Pérez versichert, dass er seine Hunderttausenden Wähler lediglich mit seinen Videos über Telegram und Instagram erreicht hätte. Aktuell hat der Influencer rund 1,5 Millionen Follower bei Telegram, Twitter und Instragram, wo er Aussagen tätigt, die ihm auch schon mal Verurteilungen eingebracht haben. Zum Beispiel hatte er behauptet, die linke Bürgermeisterin von Madrid habe sich während der Coronakrise vorsorglich ein Beatmungsgerät in ihre Privatwohnung liefern lassen. Ein Gericht stellte später fest, dass die Information nicht stimmte und verurteilte Pérez zu einer Zahlung von 5.000 Euro. Doch einmal in die Welt gesetzt, schaden solche Falschinformationen seinen politischen Gegnern.

Auch wenn seine Antiestablishmentpropaganda etwas anderes suggeriert, ist Pérez in der Politik kein gänzlich Unbekannter: 2021 verlieh ihm die katholisch-fundamentalistische Lobbygruppe HazteOir einen »Freiheitspreis«. Die Gruppe hat laut Berichten mehrerer spanischer Zeitungen Verbindungen zu El Yunque (der Amboss), eine faschistische Geheimorganisation aus Mexiko.

Während er in Großbritannien lebte, wurde Pérez dort Mitglied der Jugendorganisation der Liberal Democrats und später, zurück in Spanien, bei den rechtsliberalen Ciudadanos, die sich in Gegnerschaft zur erstarkenden katalanischen Autonomiebewegung gegründet hatten. Pérez verbreitet neben Frauenfeindlichkeit auch rassistische Hetze gegen Migranten. Immer wieder betont er, so wie der Präsident von El Salvador, Nayib Bukele, ein Hochsicherheitsgefängnis bauen zu wollen. Dabei hat Spanien eine der niedrigsten Kriminalitäts- und insbesondere Tötungsraten auf der ganzen Welt.

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