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Aus: Ausgabe vom 28.06.2024, Seite 6 / Ausland
Westsahara-Konflikt

Gegenwind für Sánchez

Spanien: Sozialdemokraten bleiben allein im Parlament mit Sonderweg für frühere Kolonie Westsahara
Von Carmela Negrete

Spaniens Kongress hat Ministerpräsident Pedro Sánchez und seinem sozialdemokratischen PSOE vergangene Woche eine deutliche Klatsche erteilt. Alle andere Parteien, von links bis rechts inklusive der regionalen Unabhängigkeitsbefürworter, haben für eine Resolution gestimmt, nach der Spanien im Westsahara-Konflikt zum Standpunkt der Neutralität zurückkehren solle. Enthalten haben sich die sozialdemokratische Republikanische Linke Kataloniens (ERC) und das immer näher an PSOE-Positionen heranrückende baskische Bündnis Bildu. Der Podemos-Abgeordnete Javier Sánchez beschwor die »historische Verantwortung« Spaniens für seine alte Kolonie und nannte es eine »Schande«, dass der Ministerpräsident »den Autonomieplan Marokkos akzeptiert« habe. Dieser Schritt stehe in klarem Widerspruch zur Beschlusslage der UNO, die vorsieht, dass die Sahrauis (Bewohner der Westsahara, jW) frei in einem Referendum über ihre Zukunft abstimmen.

Auch aus den Reihen der eigenen Regierungskoalition erntete der PSOE Kritik. Die Abgeordnete des links-grünen Bündnisses Sumar, Tesh Sidi, die selbst aus der Westsahara stammt, prangerte an, dass der PSOE die »koloniale Besetzung« der Westsahara durch Marokko »unter den Teppich kehre«. Als der PSOE 2022 seinen Kurswechsel verkündet habe, sei sie überrascht gewesen. Sie vertrete nicht nur eine Partei, sondern auch die Position ihres Volkes, das wegen der »Untätigkeit dieses Parlaments in den letzten 50 Jahren frustriert« sei. Sánchez wolle offenbar, dass die Sahrauis unter marokkanischer Besetzung leben. Dann könne er auch verlangen, »dass die Ukraine eine russische Provinz oder Palästina eine autonome Region im zionistischen Staat wird«. Mit Marokko könne man nicht verhandeln, weil es dabei immer »eine Waffe auf dem Tisch« – zum Beispiel beim Thema Migration – liegen habe. Eine »progressive Regierung« könne nicht die Palästinenser unterstützen und die Westsahara vergessen. Laut der Onlinezeitung El Independiente hat Sánchez’ Entscheidung auch dazu geführt, dass vier von 15,5 Millionen Euro, die im Haushalt von 2023 als Hilfen für sahrauische Flüchtlinge vorgesehen waren, nicht ausgezahlt wurden.

Dass der Kurswechsel der PSOE in Verbindung mit dem »Pegasus«-Spionageskandal steht, wird derweil immer offensichtlicher. In der Debatte über die Resolution am Donnerstag vergangener Woche betonte Rafael Hernando, stellvertretender Sprecher der rechtskonservativen Volkspartei (PP), daran, dass nicht weniger als die Telefone des Premierministers, der Verteidigungsministerin Margarita Robles und des Innenministers Fernando Grande-Marlaska von Marokko abgehört worden sein sollen. Der Independiente erinnerte auch daran, dass die Spionage nicht nur in Spanien stattfand, sondern auch in Frankreich, wo der französische Präsident Emmanuel Macron, Premierminister Édouard Philippe und mehrere Minister »von den marokkanischen Geheimdiensten als potentielle Überwachungsziele des israelischen Spionagesoftwareprogramms ausgewählt« worden seien. Der Fall soll sowohl in Spanien als auch in Frankreich von der Justiz neu aufgerollt werden.

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