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Aus: Ausgabe vom 01.07.2024, Seite 10 / Feuilleton
Ballett

Stress ohne Grund

Das Staatstheater Schwerin schasst seine erfolgreiche Ballettdirektorin Xenia Wiest
Von Gisela Sonnenburg
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Der Glamour ist weg: Benjamin Wilson tanzt die Titelfigur in Xenia Wiests »Der kleine Prinz« (2023)

Darf eine relativ junge Frau in Deutschlands Ballettwelt nicht erfolgreich sein? Diese Frage stellt sich, besieht man die Vorgänge am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin. Dort wurde die beim Publikum überaus beliebte 40jährige Ballettdirektorin Xenia Wiest soeben »freigestellt«, sprich: gefeuert. Sie habe mehrfach gegen »Pflichten ihres Arbeitsvertrages« und gegen »Normen des Betriebsverfassungsgesetzes« verstoßen, hieß es am Donnerstag zur Begründung. Ihr internes Verhalten sei »untragbar«. Das klingt nach Mobbing, das Theater nennt trotz der drastischen Wortwahl keine konkreten Vorwürfe. Wiest zeigte sich schockiert, äußerte sich aber nicht inhaltlich zu den Vorhaltungen, um der juristischen Klärung nicht vorzugreifen.

Hans-Georg Wegner, Generalintendant und Geschäftsführer der Mecklenburgischen Staatstheater GmbH in einer Person, nennt Wiest eine »einzigartige Künstlerin«, will sie aber nicht mehr am Haus haben. »Generalintendant« statt »geschäftsführender Intendant«, das klingt an dem eher kleinen Theater in der Provinz bedeutungsheischend. Die Art des Rauswurfes, den er veranlasst hat, bringt ihn selbst in den Ruch eines Regelverstoßes.

Xenia Wiest hingegen ist erwiesenermaßen eine Powerfrau. Seit 2021, nach Abschluss ihrer aktiven Tänzerkarriere, war sie Direktorin des nach ihr benannten »Ballett X« in Schwerin. Mit Programmen wie »Nacht ohne Morgen«, »Der kleine Prinz« (Foto) und »Bach – Past, Present & Future« sowie mit einer modernen Tanzgala möbelte sie die Kultur vor Ort auf. Sie sorgte für Aufmerksamkeit, weit über die Grenzen Schwerins hinaus. Ihr künstlerisches Credo bis zum Schluss: »der Kampf gegen die Mittelmäßigkeit«.

In Moskau geboren und an der John-Cranko-Schule in Stuttgart ausgebildet, hat Wiest viele Jahre als Tänzerin gearbeitet, vor allem beim Staatsballett Berlin. Zeitgleich choreographierte sie, auffallend talentiert, auch im Ausland: in Tokio, Wien, Luxemburg. Sie ist eine Könnerin, die etwas Glamour nach Schwerin brachte. Nur durch Wiests Einsatz für das Schweriner Ballett gelangte es überhaupt auf die Karte der Ballettfeinschmecker.

Womit auch immer Wiest den Zorn der Mächtigen an ihrem Theater erregt hat: Es gibt Protest gegen ihre Absetzung, nicht nur juristischer Art: Das Publikum steht fest hinter Wiest.

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