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Aus: Ausgabe vom 06.07.2024, Seite 8 / Inland
Folklore

»Die Sponsoren werden kleiner und regionaler«

Bayern: Regensburger Bündnis macht wieder mobil gegen Thurn-und-Taxis-Schlossfestspiele. Ein Gespräch mit Kurt Raster
Interview: Gitta Düperthal
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Es ist angerichtet: Innenhof des Schlosses Thurn und Taxis während der Festspiele in Regensburg (18.7.2017)

Die Thurn-und-Taxis-Schlossfestspiele gibt es seit 21 Jahren. Dabei wird in diesem Jahr vom 12. bis 21. Juli in Regensburg wieder ein Kulturprogramm aufgefahren, unter anderem mit Schlagersängerin Andrea Berg oder der Queen Tribute Band. Die politischen Stellungnahmen von Gloria von Thurn und Taxis schrecken die Künstler nicht ab?

Die Rechtsaußen-Milliardärin ist selber nicht Veranstalterin. Sie prunkt im Regensburger Schloss als Schirmherrin und Gastgeberin. Künstlerinnen und Künstler und deren Management machen die Verträge mit der Agentur »Odeon-Concerte«. Viele erfahren im Vorfeld nichts von dem möglichen Imageschaden, der an ihnen haften bleiben könnte, wenn sie unter dieser »Schirmherrschaft« auftreten. Es geht eher um Kommerz, weniger um Kultur. Wir haben es schon erlebt, dass Künstler sich dann auf der Bühne distanziert haben. Giovanni Zarrella bekannte sich 2023 mit einer Regenbogenfahne zu Queerrechten, sang bestimmte Lieder, andere eben bewusst auch nicht: zum Beispiel »Gloria«. Das finden wir prima.

Weiß man, was pro Auftritt herausspringt?

Genau wissen wir es nicht. Im Schnitt kostet die Karte 100 bis 170 Euro; dazu kommt ein Menü für etwa 100 Euro. Man wird als Künstlerin oder Künstler schon gut verdienen. Die Gruppe Revolverhead hatte 2019 im Vorfeld diskutiert, ob sie nicht, ungeachtet einer möglichen Konventionalstrafe, vom Vertrag zurücktreten sollte. Sie einigte sich aber, die komplette Gage an die Regensburger Organisation Sea Eye zu spenden. Die Gage wird wohl im unteren bis mittleren fünfstelligen Bereich liegen.

Sie sagen »Boykott wirkt«: Sponsoren der letzten Jahre seien ausgeblieben. Doch warum gibt es immer wieder neue, die kein Problem haben, mitzuwirken?

Die Sponsoren werden jetzt kleiner und regionaler, sind keine Weltfirmen mehr. BMW stieg als Hauptsponsor der Festspiele aus. Die Mittelbayerische Zeitung titelte im Januar 2024: »BMW steigt aus, Mercedes steigt ein«. Von dort erfolgte prompt ein Dementi, da man offenbar den Ruf nicht riskieren will. Es handele sich um das eigenständige lokale Autohaus »Stern-Center Regensburg«. Mercedes habe von der Zusammenarbeit abgeraten. Die IG Metall kritisierte das Sponsoring des Autohändlers mit Blick auf rund 300 Beschäftigte, die ihrerseits zugleich dem Spardiktat unterworfen seien.

Das Bündnis Solidarische Stadt Regensburg schreibt Briefe an beteiligte Künstlerinnen und Künstler, Medienpartner und Sponsoren, um aufzuklären. Medien wie die Zeit nennen die »Fürstin« eine »Galionsfigur der neuen Rechten«. Weshalb gibt es die Veranstaltung immer noch?

Insgesamt sind die im reichen Milieu verankerten Profiteure meist im Regensburger Sumpf und Filz verhaftet. Man will von dem Glamour profitieren.

Ist das nicht entmutigend?

Nein. Unser Engagement wirkt. Die Regensburger Künstlergruppe Aufbruch hat zum Plakatwettbewerb unter dem Slogan »Kein Platz für rechte Hetze« aufgerufen. Ziel ist, die rechtslastige »Fürstin« gesellschaftlich zu isolieren. Zum Beispiel hat in diesem Jahr Landtagspräsidentin Ilse Aigner sie erstmals nicht zum Sommerempfang am 20. Juli auf Schloss Schleißheim eingeladen. Man will sich nicht mehr mit ihr blicken lassen.

Wie geht es weiter?

100 Regensburger Künstlerinnen und Künstler haben den Boykottaufruf des bildenden Künstlers Jonas Höschl an Kolleginnen und Kollegen unterzeichnet. Wir können uns vorstellen, künftig vor »Odeon-Concerte« zu demonstrieren. Das Schloss und seine Herrin sind aus unserer Sicht für die Stadt ein Ärgernis. Aber alles Engagement gegen rechts hilft nicht, wenn nicht zugleich Wohnungsnot, Preisanstieg, Klimakatastrophe und die neoliberale Zurichtung der Städte bekämpft werden.

Kurt Raster ist Sprecher von Bündnis Solidarische Stadt Regensburg

Demo »Wir können uns Gloria nicht mehr leisten«, Regensburg, 7. Juli, 14 Uhr, Emmeramsplatz

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